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Kritik an Pflichtdienst-Idee : „Ein staatlicher Eingriff in den Lebenslauf ist so ziemlich das Letzte“

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Laut Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) ist ein Pflichtdienst mit den Liberalen nicht zu machen. Bild: dpa

Bildungsministerin Stark-Watzinger und Familienministerin Paus lehnen Bundespräsident Steinmeiers Vorschlag für einen Pflichtdienst für alle jungen Menschen ab. Unterstützung kommt dagegen aus der CDU.

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          Der Vorstoß von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zur Einführung eines Pflichtdienstes für alle junge Menschen in Deutschland ist auf mehrheitlich ablehnende Reaktionen gestoßen „Über zwei Jahre lang haben sich junge Menschen für die Gesellschaft zurückgenommen, auf vieles verzichtet. Ein staatlicher Eingriff in den Lebenslauf ist so ziemlich das Letzte, was sie jetzt brauchen“, schrieb Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) auf Twitter. „Eine Dienstpflicht wird es mit uns nicht geben“, erklärte Stark-Watzinger im Namen der Liberalen.

          Auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) kann dem Vorstoß nichts abgewinnen. „Ein sozialer Pflichtdienst würde einen Eingriff in die individuelle Freiheit eines jeden Jugendlichen bedeuten“, erklärte Paus am Sonntag. „Wir sollten unsere jungen Menschen, die unter der Corona-Pandemie besonders gelitten und sich trotzdem solidarisch mit den Älteren gezeigt haben, weiterhin die Freiheit zur eigenen Entscheidung lassen“. Paus unterstrich zugleich, dass die verschiedenen Programme für Freiwilligendienste bei Jugendlichen „sehr beliebt“ seien. „Viele junge Menschen nutzen dieses Angebot und engagieren sich, meist im sozialen oder ökologischen Bereich.“

          „In den Dienst der Gesellschaft stellen“

          Bundespräsident Steinmeier hatte eine Debatte über die Einführung eines sozialen Pflichtdiensts für junge Menschen in Deutschland angeregt. „Es geht um die Frage, ob es unserem Land nicht gut tun würde, wenn sich Frauen und Männer für einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellschaft stellen“, sagte der Bundespräsident der „Bild am Sonntag“. Steinmeier sprach von einer „Pflichtzeit“ und betonte sie müsse kein Jahr lang dauern. Diese Zeit könnte bei der Bundeswehr geleistet werden, aber genauso gut bei der Betreuung von Senioren, in Behinderteneinrichtungen oder in Obdachlosenunterkünften. „Gerade jetzt, in einer Zeit, in der das Verständnis für andere Lebensentwürfe und Meinungen abnimmt, kann eine soziale Pflichtzeit besonders wertvoll sein. Man kommt raus aus der eigenen Blase, trifft ganz andere Menschen, hilft Bürgern in Notlagen. Das baut Vorurteile ab und stärkt den Gemeinsinn.“

          Auch aus der CSU und der Linken wurde Kritik an Steinmeiers Vorstoß laut. Bayerns CSU-Sozialministerin Ulrike Scharf hält einen Pflichtdienst „nicht für zielführend“, wie sie dem „Münchner Merkur“ (Montagsausgabe) sagte. Jede und jeder solle sich freiwillig nach seinen eigenen Wünschen, Talenten und Vorstellungen einbringen können. „Junge Menschen brauchen überhaupt nicht mehr Pflichten, sondern mehr Rechte“, schrieb der Bundesgeschäftsführer der Linken, Jörg Schindler, auf Twitter. „Zum Beispiel das Recht auf einen Ausbildungsplatz, eine eigene Wohnung ab 18, einen guten Lohn.“

          CDU-Vorstandsmitglied Serap Güler unterstützte dagegen den Vorschlag von Steinmeier. „Der Bundespräsident hat hier weite Teile der CDU an seiner Seite“, erklärte Güler auf Twitter. Ein verpflichtendes Dienstjahr für junge Menschen könne „viele Vorteile haben und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen“. CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich unlängst offen für ein Pflichtjahr gezeigt, das bei der Bundeswehr oder anderswo geleistet werden kann.

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