Wer verurteilt wurde, bekommt dreitausend Euro
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„Schwule dich frei“: Demonstranten gehen in Frankfurt im Juli 1979 gegen die Diskriminierung Homosexueller auf die Straße. Bild: AP
2017 hat der Bundestag mit einem beispiellosen Gesetz Urteile gegen Homosexuelle aufgehoben und den Betroffenen Entschädigungen zugesprochen. Aber die kommen bei den meisten nicht an.
Die meisten Männer, die zu Jan Bockemühl in die Beratung kommen, sind „hochaltrig“, wie er sagt. Im Durchschnitt sind sie 70 Jahre alt, der Älteste war 92. Bockemühl arbeitet für die Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren. Die Männer kommen zu ihm, weil ihre Homosexualität bis zum Jahr 1994 strafbar war. Und sie kommen zu ihm, weil die Bundesregierung mehr als zwei Jahrzehnte später, im Jahr 2017, beschloss, die gegen Homosexuelle verhängten Urteile aufzuheben – und sie mit Geld für das zu entschädigen, was der Staat ihnen angetan hat.
Das Ende des Dritten Reichs war für Deutschland eine Zäsur – für homosexuelle Männer änderte sich aber zunächst wenig. Die von den Nationalsozialisten in den Dreißigerjahren verschärften Gesetze gegen Homosexualität galten auch nach 1949 in der Bundesrepublik Deutschland. Bis zum Jahr 1969 blieb Homosexualität grundsätzlich verboten. „Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen läßt, wird mit Gefängnis bestraft“, lautete der erste Absatz von Paragraph 175 des Strafgesetzbuchs. In der DDR galt ein ähnliches Gesetz.
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