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Panzergeschäft mit Saudi-Arabien : Das Geheimnis vom Leoparden

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Schon seit den siebziger Jahren wirft das saudische Königreich begehrliche Blicke auf den deutschen Leoparden

Schon seit den siebziger Jahren wirft das saudische Königreich begehrliche Blicke auf den deutschen Leoparden Bild: dpa

Wenn Deutschland seinen beliebten Kampfpanzer verkaufen will, führt das oft zu Verwerfungen an der politischen Heimatfront. Dabei lieferte auch schon Rot-Grün Jahr für Jahr Waffen nach Saudi-Arabien.

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          Die Beteiligten glänzten durch Abwesenheit. Als das Parlament am Freitagmittag zum zweiten Mal innerhalb von drei Tagen über das Panzergeschäft mit Saudi-Arabien stritt, saßen weder die Kanzlerin noch der Außenminister auf der Regierungsbank. Das gab der Opposition in der aufgeheizten Diskussion über Werte und Interessen in der deutschen Außenpolitik Grund, sich zu ereifern.

          Eckart Lohse
          Leiter der Parlamentsredaktion in Berlin.

          Gregor Gysi für Die Linke und der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel waren nicht mehr nur in der Sache empört, sondern auch ob der demonstrativen Missachtung durch die Regierung. Während die Opposition ihre rhetorischen Schwergewichte bemühte, schickte die Union Hinterbänkler wie Roderich Kiesewetter mit dem Auftrag in die Arena, ein Geschäft zu rechtfertigen, von dem sie nichts wissen durften.

          Denn ob die Bundesregierung dem Antrag eines Rüstungsherstellers stattgibt, seine Pistolen, Panzer oder U-Boote ins Ausland zu verkaufen, entscheiden eine Handvoll Minister unter dem Vorsitz der Kanzlerin im Bundessicherheitsrat, dem einzig wirklich geheim tagenden Gremium der Regierung. Oder fast geheim. Die Kanzlerin, der Verteidigungsminister oder der Unions-Fraktionsvorsitzende und Merkel-Vertraute Volker Kauder, die Spitzen dieser Koalition also, würden sich kaum über die strategische Bedeutung Saudi-Arabiens und die fehlende Kritik Israels an den „Meldungen über mögliche Lieferungen von Leopard-Panzern nach Saudi-Arabien“ öffentlich verbreiten, wenn diese Meldungen nicht zuträfen.

          Opposition: „Die derzeitige Regelung zur Geheimhaltung ist zu eng“

          Deswegen fällt es der Opposition in diesen Tagen so leicht, gegen das Prinzip der Geheimhaltung anzurennen, und müssen sich die Abgeordneten der Regierungsparteien so quälen, es zu verteidigen. Sogar Unionsabgeordnete beklagen „mangelnde Transparenz“. Und der CDU-Verteidigungspolitiker Ernst-Reinhard Beck sagt, er rechne zwar nicht damit, dass sich am Prinzip der geheimen Entscheidung etwas ändere, fühlt sich dabei aber als Parlamentarier, der die Regierung kontrollieren soll, „nicht so toll“. Er will, dass wenigstens rasch über Ausfuhrgenehmigungen informiert wird. Denn, so sagt er, wenn es „dumm laufe“, werde das Parlament erst Ende nächsten Jahres durch den Rüstungsexportbericht über das Panzergeschäft mit den Saudis informiert. Der FDP-Außenpolitiker Rainer Stinner bemängelt, dass „die Kanzlerin und ihre Minister“ sich „schablonenhaft hinter das Schild geheim“ stellten.

          Im Februar hatte die SPD, unterstützt von den Grünen, einen Antrag eingebracht, in dem sie mehr Transparenz forderte. „Die derzeitige Regelung zur Geheimhaltung ist zu eng. Sie passt nicht mehr in die politische Landschaft“, sagt der SPD-Abgeordnete Rolf Mützenich, einer der Initiatoren des Antrags. Der wurde vor zwei Wochen abgelehnt. In der Debatte machte sich niemand die Mühe, die Geheimhaltung zu begründen. Ein Hinweis, dass man es immer so gehalten habe, auch unter Rot-Grün, das war alles.

          Das stimmt und stimmt wieder nicht, denn auch unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer war die Geheimhaltung löcherig. Gerade ein Jahr regierte Rot-Grün, als Ende des Jahres 1999 der Nato-Partner Türkei der deutschen Panzerschmiede Krauss-Maffei den verlockenden Wunsch unterbreitete, tausend Leoparden zu kaufen. Für die Grünen, die gerade im Kosovo-Krieg ihre pazifistische Unschuld eingebüßt hatten, war das eine fürchterliche Vorstellung. Noch bevor der Bundessicherheitsrat nur die Ausfuhr eines einzigen Testpanzers genehmigte, machten sie klar, dass „ihr“ Außenminister Fischer dem nicht zustimmen würde.

          Schärfere Richtlinien für Waffenexporte

          Die Grünen machten einen solchen Aufstand, dass es zu dem geplanten großen Geschäft nicht kam. Doch obwohl sie die junge Regierung in eine existentielle Krise trieben, gelang es ihnen nicht durchzusetzen, dass künftig die Entscheidungen über Rüstungsausfuhren nicht mehr im stillen Kämmerlein getroffen würden. „Ich habe schon zu Beginn der rot-grünen Regierung gefordert, nach dem Streit über die Panzerausfuhr in die Türkei, dass über geplante Rüstungsexporte offen und öffentlich informiert wird“, sagt Claudia Roth, die heutige Parteivorsitzende der Grünen. „Leider habe ich mich bei diesem Punkt damals nicht durchsetzen können, dafür aber bei der Frage strengerer Richtlinien für Rüstungsexporte.“

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