SPD-Mitgliederbefragung : Scholz oder nicht Scholz
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Olaf Scholz Bild: Reuters
Nach einem langen halben Jahr nähert sich die SPD der Entscheidung über ihre neuen Vorsitzenden. In der Partei wächst die Unruhe.
Bald weiß die SPD, wen sie als neue Vorsitzende will. Am Freitag endet die Mitgliederbefragung. Am Samstag wird in der Berliner Parteizentrale gezählt, am Abend das Ergebnis verkündet. Die Partei ist hochnervös, vor allem die Bundestagsfraktion, auf die es letztlich ankommt, wenn es um die Zukunft der Koalition geht. Niemand wagt noch eine Voraussage, wie die Mitgliederbefragung ausgeht. Nur eines ist jetzt schon klar: Auch nach der Entscheidung wird die Partei nicht dort sein, wo sie ja eigentlich hinwollte – geeint, kämpferisch, selbstbewusst und siegesgewiss zu sein.
Als Favorit gilt zwar Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz, das einzige wirkliche politische Schwergewicht unter den Kandidaten. Doch führende Sozialdemokraten machen bedenkliche Gesichter. Bedenklich fänden sie schon den Fall, dass Scholz wie in der ersten Runde gewinnt, aber doch denkbar knapp.
Und selbst dann ist er noch nicht wirklich Vorsitzender. Entscheidend ist der Parteitag eine Woche später. Der hat nicht nur das letzte Wort über die neue Führung zu sprechen. Er muss zuvor die Satzung ändern, um die gewünschte Doppelspitze überhaupt erst möglich zu machen. Er muss über eine Parteireform entscheiden, weil die Gremien jeweils um ein Viertel verkleinert werden sollen – mit allen Folgen für die stellvertretenden Parteivorsitzenden, für Präsidium und Parteivorstand. Und die Zukunft der großen Koalition steht auch auf der Tagesordnung. „Überaus sportlich“ nennt das einer der Landesvorsitzenden, dessen Verband zu den größten der Partei gehört.
Nur eine Woche hat das neue Vorsitzenden-Duo, seinen ersten großen Auftritt vorzubereiten und machtpolitisch die Pflöcke einzuschlagen, auch was das Personal betrifft. Nicht viel Zeit, nachdem die Partei ein langes halbes Jahr auf der Suche nach den neuen Vorsitzenden war. So lange ist es her, dass die Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles aufgab und eine provisorische Führung sich das Verfahren ausdachte, um zu einer neuen Spitze zu kommen. Fast zwei Millionen Euro stellte die – an sich inzwischen sehr klamme – Partei dafür bereit. Zwar gewann sie während der Kandidatensuche 3556 Mitglieder hinzu, blieb aber in den Umfragewerten im Bund stabil schlecht bei 14 bis 16 Prozent. Noch schlimmer war es bei den drei jüngsten Landtagswahlen. In Sachsen kam sie ein bisschen über sieben Prozent, in Thüringen auf acht Prozent. In Brandenburg erhielt die SPD zwar 26,2 Prozent, aber auch das war eine Niederlage, denn in Potsdam hatte die SPD seit 1990 stets mit überzeugenden Mehrheiten regiert.
Das brandenburgische Wahlergebnis brachte der Partei noch einen besonderen Kollateralschaden. Die Potsdamer Direktkandidatin Klara Geywitz, dreimal siegreich in ihrem Wahlkreis, verlor diesmal gegen eine Grüne. Geywitz hatte sich aber gerade für diesen Wahlkampf einiges erhofft. War sie doch bundesweit bekannt geworden, weil Scholz sie als Partnerin ausgewählt hatte. Die Niederlage traf damit nicht nur Geywitz persönlich, sondern Scholz gleich mit. Scholz freilich hätte sich wohl nie mit einer Frau zusammengetan, wenn ihn das Verfahren nicht gezwungen hätte. Beim Gegenspieler-Paar Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans war es immerhin die Frau, die den Mann gefragt hatte, ob er mit ihr antreten wolle.