Wegen Inflation Reduction Act : Scholz fordert die USA zu Entgegenkommen auf
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Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Habeck (l.) am Mittwoch im Bundestag. Bild: Reuters
In seiner Regierungserklärung geht Olaf Scholz auf Europas Sorgen im Hinblick auf das umstrittene amerikanische Investitionsprogramm ein. Außerdem unterstützt er den geplanten Flüchtlingsgipfel von Nancy Faeser.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die USA wegen des umstrittenen milliardenschweren US-Investitionsprogramms zu Entgegenkommen aufgefordert. Scholz sagte am Mittwoch im Bundestag, die Wirtschaftsbeziehungen zu den USA sollten weiter vertieft werden. „Unsere laufenden Gespräche über den Inflation Reduction Act sind dafür eine gute Ausgangsbasis – jedenfalls dann, wenn die USA auf Regeln verzichten, die europäische Unternehmen zum Beispiel gegenüber Unternehmen aus Kanada und Mexiko benachteiligen.“ Darüber werde mit den USA beraten, „partnerschaftlich, gelassen und vertrauensvoll“.
Der sogenannte Inflation Reduction Act sieht milliardenschwere Investitionen in den Klimaschutz vor, knüpft viele Subventionen und Steuergutschriften aber daran, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder selbst in den USA produzieren – was in Europa Sorge vor Wettbewerbsnachteilen auslöst.
Scholz sagte in einer Regierungserklärung zum bevorstehenden EU-Gipfel, die USA hätten mit dem Inflation Reduction Act die Diskussion um eine aktive Industrie- und Standortpolitik für Zukunftstechnologien neu entfacht. „Kassandra-Rufe“ seien aber nicht angezeigt. Es sei begrüßenswert, dass die USA den Wandel hin zur Klimaneutralität „endlich“ ähnlich entschlossen angehen würden wie Deutschland und Europa, sagte Scholz. „Zum anderen besitzen wir in Europa durchaus die wirtschaftlichen Voraussetzungen und die Förderinstrumente, um den klimaneutralen Wandel der Industrie zu meistern.“
„Mit Sicherheit der falsche Weg“
Alleine die Aufbaufazilität, die während der Corona-Pandemie geschaffen worden sei, habe einen Umfang von 250 Milliarden Euro für die Dekarbonisierung der europäischen Industrie. Nur ein geringer Teil davon sei bislang ausgegeben. Scholz nannte weitere Förderprogramme. Wenn man diese neben die Förderprogramme aus den USA im Umfang von 370 Milliarden Dollar lege, dann sehe man: Europa brauche sich nicht zu verstecken.
Die EU werde sich sehr genau anschauen, ob und wo die Programme noch Lücken ließen und wie man diese schließen könne, sagte Scholz. Er betonte: „Ein ungehemmter Subventionswettlauf mit den USA wäre aber mit Sicherheit der falsche Weg.“
Der Kanzler hat sich hinter die Einberufung eines Flüchtlingsgipfels durch Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) gestellt. „Ich begrüße ganz ausdrücklich, dass die Bundesinnenministerin alle Verantwortlichen im Bund, in den Ländern und Kommunen schon bald zu einem erneuten Spitzengespräch über die anstehenden Herausforderungen zusammenbringt“, sagte er. Auf die Forderung der Opposition, dass er selbst zu einem solchen Gipfel einladen sollte, ging Scholz nicht ein.
CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz kritisierte das in seiner Erwiderung auf die Regierungserklärung. „Das ist jetzt eine Aufgabe für sie, für sie persönlich“, sagte der CDU-Chef an die Adresse des Kanzlers. Er verwies darauf, dass ein Gipfel unter der Leitung Faesers bereits im vergangenen Oktober ergebnislos geblieben sei. Den Städten und Gemeinden müsste nun aber dringend geholfen werden.
Faeser hatte am Wochenende ein Treffen mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und der Innenministerkonferenz angekündigt. Scholz sagte, der Bund habe die Länder und Gemeinden bei der Registrierung der Flüchtlinge unterstützt. „Und wie schon im Vorjahr greift der Bund den Ländern und Gemeinden auch in diesem Jahr mit Milliarden unter die Arme, um die Ankommenden gut zu versorgen.“
Der Kanzler dankte den Ehrenamtlichen, Vereinen, Initiativen oder Religionsgemeinschaften, die bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine mithelfen. „Das ist ein Zeichen großer Menschlichkeit. Und dafür sage ich von ganzem Herzen Danke.“
Scholz (SPD) plant anlässlich des EU-Gipfels eine weitere Regierungserklärung im Parlament voraussichtlich am 2. März. Das kündigte SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast am Vormittag in Berlin an. Anlass ist demnach der Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar 2022.
Scholz wolle sich in der ersten Sitzungswoche des Bundestags nach dem Jahrestag zu den Folgen der durch den Angriffskrieg ausgelösten „Zeitenwende“ äußern, sagte Mast. Sie erinnerte an die Regierungserklärung von Scholz wenige Tage nach dem russischen Angriff, in der der Kanzler diesen Begriff erstmals verwendet hatte. Damals hatte Scholz unter anderem das seither beschlossene 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr angekündigt und der Ukraine die deutsche Solidarität zugesichert.