Nürburgring-Affäre : Schock am Ring
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Noch wird gerockt am Ring: Billy Talent am Nürburgring in diesem Sommer Bild: Thomas Rabsch/laif
Die Verhandlungen zwischen den beiden Pächtern und den Insolvenzverwaltern des Nürburgrings sind gescheitert. Nun droht der Rennstrecke das endgültige Aus.
Gut vier Monate nach der Insolvenzankündigung für die zahlungsunfähige Nürburgring GmbH droht der Rennstrecke nun das wirtschaftliche Aus, weil die Verhandlungen zwischen den Insolvenzverwaltern der nahezu landeseigenen Gesellschaft und den Pächtern des Nürburgrings, Jörg Lindner und Kai Richter, über eine Räumung der Immobilien gescheitert sind. Beide Seiten bezichtigen sich gegenseitig in scharfer Form - trotz angeblicher unterschriftsreifer Vertragsentwürfe -, schuld am Scheitern der Verhandlungen zu sein.
In einem der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorliegenden Brief wirft der Anwalt der Pächter dem Anwalt der Insolvenzverwalter Thomas Schmidt und Jens Lieser eine „diametrale Abkehr“ von mündlich getroffenen Verabredungen vor. Das Verhalten der Insolvenzverwalter und ihres Anwalts gefährde „sowohl den Fortbestand des Nürburgrings mit allen Arbeitsplätzen als auch die Ausrichtung von Formel-1-Rennen.“ Die Zurückweisung eines Vertragsentwurfs der Pächter vom 10. November gehe offenbar auf „politische Einflussnahme“ der Landesregierung zurück.
Pächter drohen mit Rechtsstreit
Aus Sicht der Insolvenzverwalter muss die Nürburgring GmbH als Besitzerin der Immobilien die Verfügungsgewalt über die Rennstrecke und den Freizeitpark wiedererlangen, um für potentielle Investoren überhaupt attraktiv zu sein. Die damalige SPD-Alleinregierung von Ministerpräsident Kurt Beck hatte 2010 mit der Nürburgring Automotive GmbH (NAG) der Düsseldorfer Unternehmer Richter und Lindner einen Pachtvertrag geschlossen. Mit der damals vereinbarten Pacht von rund zwölf Millionen Euro im Jahr sollten die staatlich abgesicherten Kredite von 330 Millionen Euro für den Bau des Freizeitparks abgezahlt werden. Nach der Landtagswahl 2011 kamen Lindner und Richter dieser Verpflichtung nicht mehr nach. Die neue rot-grüne Landesregierung kündigte deshalb den Pächtern fristlos. Wegen der fehlenden Pachtzahlungen konnte die Nürburgring GmbH die Kredite nicht mehr bedienen und musste Insolvenz anmelden.
Mit einer Insolvenz zum 1. Dezember und einem langwierigen Rechtsstreit drohen nach dem vorläufigen Ende der Räumungsgespräche auch die Pächter. Neben dem Formel-1-Rennen 2013 seien auch die Großveranstaltungen „Rock am Ring“ und das 24-Stunden-Rennen des ADAC gefährdet, sagte ein Sprecher der NAG. Es drohten dann horrende Schadensersatzforderungen der Veranstalter, die eine Insolvenz der NAG notwendig machen könnten.
Bei Scheitern der Verhandlungen droht Ende des Rings
Die Insolvenzverwalter weisen dies als „Drohkulisse“ zurück. Es sei nicht „verantwortungsvoll“, aus „wirtschaftlichem Eigeninteresse“ Beschäftigte und Veranstalter in „Geiselhaft“ zu nehmen. „Wenn die NAG nach eigenem Bekunden nicht den wirtschaftlichen Betrieb des Nürburgrings gewährleisten kann, so stehen wir bereit. Wir sind in der Lage, das operative Geschäft zu übernehmen und den Beschäftigten der NAG einen Arbeitsplatz zu gleichen Konditionen zu bieten“, sagt Insolvenzverwalter Lieser. Mit dem Formel-1-Unternehmer Bernie Ecclestone könne man selbst verhandeln. Und Vertragspartner des „Rock am Ring“-Veranstalters Marek Lieberberg sei schon jetzt die Nürburgring GmbH.
Den von Lindner und Richter vorgelegten Vertragsentwurf habe man deshalb nicht akzeptieren können, weil beide versucht hätten, „aus einem Räumungsvergleich ein Bleiberecht am Ring mit einem goldenen Handschlag zu machen“. Er hoffe aber, dass Lindner und Richter wieder an den Verhandlungstisch zurückkehrten. Auch der Sprecher der Pächter zeigte sich verhandlungsbereit, allerdings nur auf Grundlage des Vertragsentwurfs. Komme es statt neuer Verhandlungen zu einem Prozess, drohe das Ende der 1927 eröffneten Rennstrecke: „Dann könnte der gesamte Nürburgring geschlossen werden.“