NSU-Ausschuss in Erfurt : Patronenhülsen, Rauch und Rußspuren
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Dieses Fahndungsbild des Bundeskriminalamtes (BKA) zeigt die mutmaßlichen Mitglieder der terroristischen Vereinigung „Nationalozialistischer Untergrund“ (NSU), Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos (r.) im Jahr 2007 Bild: dapd
Mit vielen Details erläutert der damals zuständige Ermittler in Thüringen, warum die Polizei davon ausgeht, dass sich die NSU-Mitglieder Mundlos und Böhnhardt 2011 nach einem Banküberfall mit einer Pumpgun selbst richteten.
Die mutmaßlichen rechtsextremistischen Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sind am 4. November 2011 nach einem Bankraub in Eisenach nach den Ermittlungen der Polizei ohne das Zutun Dritter zu Tode gekommen. Das hat der Leiter der damals zuständigen Polizeidirektion Gotha, Michael Menzel, vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtags in Erfurt bekräftigt. Mundlos hat nach dem Stand der Ermittlungen zunächst seinen Komplizen Böhnhardt in einem gemieteten Wohnmobil erschossen und dann sich selbst. Indes ging das Fahrzeug in Flammen auf.
Die Tatsache, dass die Pumpgun, mit der sich Mundlos tötete, eine weitere Patronenhülse ausgeworfen hatte, was eigentlich erst beim Nachladen der Waffe geschieht, erklärte Menzel mit einem möglichen Fall der Waffe und deren Stauchung nach der Abgabe des letzten Schusses.
Ermittler experimentieren mit Pumpgun
Menzel berichtete von Versuchen der Ermittler mit einer baugleichen Pumpgun. Diese hätten ergeben, dass sich das Munitionsfach nach dem Abschuss automatisch öffne, und die verbrauchte Patronenhülse dann im offenen Schacht nur noch an einem Ende durch eine halboffene Haltevorrichtung verwahrt werde. Eigentlich werde die Vorrichtung erst beim Nachladen entriegelt und damit vollständig geöffnet.
Durch ein Stauchen der Pumpgun etwa durch den Aufprall auf dem Boden könne die verbrauchte Munition also auch ohne Nachladen aus dem Schacht gefallen sein. Wenzel hat eine Fotografie der im Versuch verwendeten Pumpgun zu den Akten des Ausschusses gereicht, die das offene Munitionsfach mit der Haltespange der Patrone zeigt.
Kein dritter Täter
Die Aufnahme ließ seine Ausführungen nach den Worten der Ausschussvorsitzenden Dorothea Marx (SPD) schlüssig erscheinen. Da die Hülse nach landläufiger Auffassung erst beim Nachladen ausgeworfen wird, hatte der Auswurf einer weiteren Hülse die These von einem dritten Täter genährt.
Die Polizei sei auch dem Hinweis auf eine dritte Person nachgegangen, die sich vom Tatort entfernt haben könnte, sagte Menzel. Ein Autofahrer hatte nach dem Banküberfall Hinweise auf eine Person in der Nähe von Eisenach gegeben. Aber auch der Einsatz eines Polizeihubschraubers habe keine Klärung gebracht, hieß es im Ausschuss.
Die beiden Polizisten, die als erste am Fundort der Leichen eintrafen, sagten aus, sie hätten das Wohnmobil gut einsehen können und keine flüchtende Person beobachtet. Auf einer Seite des Wohnmobils sei zudem eine Baugrube gewesen, die eine mögliche Flucht erschwert hätte. Schließlich seien rasch weitere Kräfte am Wohnmobil gewesen, so dass das Fahrzeug faktisch umstellt gewesen sei.
Spuren von Ruß in den Lungen?
Indes regen sich unter den Ausschussmitgliedern Zweifel an der Begründung, dass Mundlos vor Böhnhardt gestorben sei. Auch Menzel hatte im Ausschuss von Rußspuren in der Lunge des verstorbenen Mundlos berichtet. Bei Böhnhardt sollen diese nicht gefunden worden sein. Das Auffinden der Spuren galt als Indiz dafür, dass Böhnhardt gestorben war, bevor Ruß in seine Lunge hätte dringen können, etwa weil das Wohnmobil in Brand gesetzt worden war.
Die Obduktionsberichte der Gerichtsmedizin Jena führen indes zu bei beiden Toten aus, dass keine Spuren von Russ oder Raucheinatmung in den Lungen feststellbar gewesen seien, was Dorothea Marx in der Ausschusssitzung zu Nachfragen veranlasst.