Nordrhein-Westfalen : Hannelore Kraft im Energiemixer
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Demonstration gegen die Energiepolitik Hannelore Krafts am Dienstag in Düsseldorf Bild: dpa
In Nordrhein-Westfalen knirscht es bei Rot-Grün wegen der Koalitionsverhandlungen in Berlin. Ministerpräsidentin Kraft steht in der Energiepolitik mittlerweile ähnlichen Konflikten gegenüber wie ihre Vorgänger Clement und Steinbrück.
Wie schnell sich vieles zu wenden scheint in diesen Zeiten. Nach der Bundestagswahl Ende September galt die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) als schärfste Gegnerin einer großen Koalition. Ihr Maßstab schien die SPD-Basis zwischen Rhein und Weser, die große Vorbehalte gegen eine große Koalition hegt. Manchen Medien galt die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende als „Madam No“. Aber Mitte Oktober war dann auch Hannelore Kraft für Koalitionsverhandlungen. „Maßstab und Gradmesser“ sollten nun die „Inhalte“ sein.
Gut fünfeinhalb Wochen nach der Bundestagswahl kann sich Frau Kraft um wichtige „Inhalte“ kümmern. Sie ist SPD-Verhandlungsführerin der Arbeitsgruppe Energie, die am Donnerstag erstmals in Berlin zusammenkommt. Am Dienstag traf sich die SPD-Seite in Düsseldorf unter Krafts Leitung. Das Vorgespräch war dringend nötig. Denn in der Energiepolitik verlaufen die Konfliktlinien weniger zwischen CDU/CSU und SPD, sondern vielmehr zwischen den Regionen. An der Küste beispielsweise wollen Sozialdemokraten „ihre“ Windkraft protegieren, in Nordrhein-Westfalen ist die SPD darauf bedacht, die Braunkohle nicht zu verlieren und konventionelle Kraftwerke zu stützen, die als Reserve für wind- und sonnenarme Phasen nötig sind.
Schon seit Tagen versuchen Spitzengenossen aus Düsseldorf medial Pflöcke einzuschlagen. Ministerpräsidentin Kraft erinnerte in der „Süddeutschen Zeitung“ daran, dass man „neben der Versorgungssicherheit auch die Preise für Verbraucher und Unternehmen im Blick behalten“ und Industriearbeitsplätze im Land halten müsse. Dabei gehe es „nicht isoliert um Kohle“, versicherte die Sozialdemokratin. Dennoch ließ die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, umgehend über den Internetdienst Twitter verlauten, die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin bereite eine große Koalition der „Energiewende-Blockierer“ vor. Mit ihr und dem nordrhein-westfälischen CDU-Landesvorsitzenden Armin Laschet, der ebenfalls der Arbeitsgruppe Energie angehört, sitze die „Kohle-Lobby“ direkt am Verhandlungstisch. Laschet wiederum sagte, er hoffe nun auf ein nordrhein-westfälisches Energiebündnis bei den Koalitionsverhandlungen und erfand als Reaktion auf das Interview der Ministerpräsidentin ein neues Etikett: „Kraftwende“. Frau Kraft habe in Energiefragen eine „atemberaubende Wende“ vollzogen. Genauer betrachtet hat Kraft allerdings gar nichts Neues gesagt. Schon seit gut zwei Jahren äußert sie sich regelmäßig so wolkig wie am Wochenende.
Schutz dem Koalitionsklima
Doch die Zeiten haben sich geändert. Nun entfalten die in Berliner beginnenden Verhandlungen Rückwirkungen auf die seit etwas mehr als drei Jahren arbeitende rot-grüne Koalition in Düsseldorf. Besonders deutlich wurde das vergangene Woche nach einem Interview von Garrelt Duin (SPD) in der Zeitschrift „Wirtschaftswoche“. Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister wies darauf hin, dass die Energiewende die Stromkunden aus Nordrhein-Westfalen überproportional belaste. In der Energiepolitik gebe es ein Zieldreieck: Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Klimaschutz. „Aus Sicht des Industriestandorts NRW sage ich: Das entscheidende Kriterium muss die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen sein. Wir dürfen nicht alles dem Klimaschutz unterordnen.“ Eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) müsse das Ausbautempo bei regenerativen Energien senken.