Neujahrsempfang : Erdogan-Kritiker Dündar hält Festrede im Justizministerium
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Sagt klar seine Meinung - sehr zum Ärger des türkischen Präsidenten: der frühere Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“ Can Dündar Bild: dpa
Das dürfte dem türkischen Präsidenten Erdogan nicht gefallen: Justizminister Maas hat den Regierungskritiker Can Dündar für eine Festrede auf dem Neujahrsempfang in seinem Ministerium eingeladen.
Mit dieser Einladung dürfte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan heftig erzürnen: Wie das Magazin „Spiegel“ berichtet, wird der regierungskritische türkische Journalist Can Dündar als Festredner auf dem Neujahrsempfang im Justizministerium sprechen - über Pressefreiheit und die politische Lage in der Türkei.
Schon im vergangenen November hatte ein ähnlicher Auftritt Dündars bei Bundespräsident Joachim Gauck für heftige diplomatische Verstimmungen zwischen Deutschland und der Türkei gesorgt. Dündar hatte kritisiert, dass Kanzlerin Angela Merkel Erdogan und den Eingriffen seiner Regierung in bürgerliche Freiheiten zu zögerlich gegenübertrete.
Der frühere Chefredakteur der Zeitung „Cumhuriyet“ wurde in der Türkei zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft wegen Geheimnisverrats verurteilt, legte Revision ein und floh später nach Deutschland. Derzeit hat er eine einjährige Aufenthaltserlaubnis als Fellow des Schriftstellerverbands P.E.N.
In Istanbul wird am Mittwoch der Prozess gegen Dündar fortgesetzt. Zusammen mit ihm ist auch der frühere Büroleiter der Zeitung in Ankara, Erdem Gül, angeklagt. Ihnen wird vorgeworfen, zur Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen zu gehören, die für den gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli verantwortlich gemacht wird.
Dündar und Gül waren im vergangenen Mai in einem anderen Prozess wegen der Verbreitung von Staatsgeheimnissen in erster Instanz zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Bis zum Berufungsverfahren wurde Dündar auf freiem Fuß belassen, woraufhin er nach Deutschland floh. Grund für den Prozess war ein Artikel in „Cumhuriyet“ zu geheimen Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an islamistische Rebellen.