Warum der frühere Kohleausstieg auch Probleme bringt
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Stellenweise schon renaturiert: Auenlandschaft mit der Erft im vergangenen Frühjahr Bild: Picture-Alliance
Schön für die Natur, wenn weniger Kohle abgebaut wird. Könnte man denken. Doch die Renaturierung in Tagebaugebieten ist kompliziert. Im Fall eines Flüsschens, das durch das Rheinland und die Eifel fließt, wird sie zu einer fast unlösbaren Aufgabe.
Das Flüsschen Erft entspringt am nordwestlichen Rand der Eifel. Etwas mehr als 60 Kilometer hat es hinter sich gebracht, da spuckt ein eckiger Betonschlund Sekunde um Sekunde trübe 5000 Liter hinzu, die alles verändern. Es ist Grundwasser, das rund um die Uhr in und um den Tagebau Hambach aus tiefen Erdschichten gepumpt wird. Sonst würde das riesige Loch allmählich volllaufen, und die tief unter Erde und Sand gelegene Braunkohle könnte nicht mehr abgebaggert werden. Das trübe Wasser ist lauwarm. Deshalb wird die Erft hinter Bergheim, wo das Wasser zufließt, selbst im Winter nicht kälter als zehn Grad. Wenn benachbarte Bäche längst gefroren sind, fühlen sich im Unterlauf der Erft auch viele exotische Pflanzen- und Tierarten noch wohl. Zum Beispiel die Rotalge und der Guppy. „Vermutlich Aquarienabfälle“, sagt Bernd Bucher. „Wir hatten sogar schon Piranhas, die aber nicht lange überlebten.“

Politischer Korrespondent in Nordrhein-Westfalen.
Bucher schaut einen Moment zu, wie das klare und das trübe Wasser sich wirbelnd vereinen. Dunst steigt in der Winterluft auf. „Von hier an hat die Erft auf einen Schlag ein mehr als doppelt so großes Volumen“, sagt Bucher. Der Hydrologe ist der Chef des Erftverbands. Damit ist er auch zuständig dafür, dass das Flüsschen renaturiert wird. Schritt für Schritt soll es auf den gut 40 Kilometern zwischen Bergheim und seiner Mündung in den Rhein bei Neuss von einem Industriegewässer umgestaltet werden in einen sich naturnah dahinschlängelnden Fluss samt Auenlandschaft. Das ist eine Herkulesaufgabe in insgesamt 23 Abschnitten, die mehr als eine Generation von Hydrologen, Biologen, Planern und Beamten in den Genehmigungsbehörden beschäftigt. Im Jahr 2045 sollte das Projekt abgeschlossen sein, dachten die Fachleute. Aber falsch gedacht.
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