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Vergewaltigung in Freiburg : Wieder ein schreckliches Verbrechen

Jugendliche sitzen auf dem Augustinerplatz in der Innenstadt: Immer wieder entbrennen Debatten um die Sicherheit von Freiburgs Nachtleben. Bild: dpa

Nach dem Mord an einer Studentin vor zwei Jahren wollte Freiburg viel für die Sicherheit tun – nun kam es zu einer Gruppenvergewaltigung. Es gibt Parallelen zwischen den beiden Fällen. Was ist los in der Stadt an der Schweizer Grenze?

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          Eigentlich sollte es in dieser Woche mal eine Erfolgsmeldung geben. Der parteilose Freiburger Oberbürgermeister Martin Horn und Polizeipräsident Bernhard Rotzinger wollten durch die Stadt marschieren und der Öffentlichkeit zeigen, wie sehr man bei der Verbesserung der Sicherheitslage vorangekommen sei. Daraus wurde nichts, der Termin entfiel. „Da hätten wir zu Recht nur höhnische Kommentare bekommen“, heißt es aus dem Rathaus. Stattdessen gab es eine Krisensitzung. Der Sicherheitsstaatssekretär und frühere Freiburger Regierungspräsident Julian Würtenberger (CDU), Horn und der Polizeipräsident besprachen die prekäre Sicherheitslage der Großstadt mit 230.000 Einwohnern, die seit 2001 diejenige im Südwesten mit der höchsten Kriminalitätsrate ist.

          Rüdiger Soldt
          Politischer Korrespondent in Baden-Württemberg.

          Zwei Jahre nachdem der Flüchtling Hussein K. die Medizinstudentin Maria Ladenburger ermordet hat, zu einem Zeitpunkt also, zu dem scheinbar wieder Normalität eingekehrt war, hat sich in Freiburg wieder ein schweres Gewaltverbrechen ereignet: Im neuen Fall heißt der mutmaßliche Haupttäter Majd H., ein kurdischer Syrer, der 2014 nach Freiburg kam, im Zuge einer Familienzusammenführung. Wieder ein Flüchtling. Majd H. soll eine 18 Jahre alte, aus Lörrach stammende Studentin vergewaltigt haben und die Wehrlose dann mindestens sieben weiteren Männern für weitere Vergewaltigungen überlassen haben.

          Was beide Taten verbindet: In beiden Fällen handelt es sich um Flüchtlinge, die schon vorher straffällig waren. Der mittlerweile zu lebenslanger Haft sowie Sicherungsverwahrung verurteilte Hussein K. war schon in Griechenland durch schwere Gewalttaten aufgefallen. Majd H. lebt seit vier Jahren in Freiburg, er onanierte angeblich vor minderjährigen Mädchen. Und er stritt sich so heftig mit seinem Vermieter, dass er den städtischen Behörden ein Begriff war. Vier Tage vor der Gruppenvergewaltigung lag gegen Majd H. schon ein Haftbefehl vor. Die Polizei vollstreckte ihn angeblich aus taktischen Gründen nicht, es habe weitere, umfangreichere Ermittlungsverfahren wegen Drogengeschäften und anderer Delikte gegeben, lautet die Begründung. Mitte der Woche hieß es dann, es seien nicht allein taktische Erwägungen gewesen, die Polizei habe bei der Zustellung des Haftbefehls nicht gewusst, wo der Verdächtige sich aufhalte.

          Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) soll nun in zwei Wochen vor dem Innenausschuss erklären, warum der Mann – trotz Haftbefehls – diese schreckliche Straftat mutmaßlich begehen konnte, warum er den „Hans-Bunte-Club aufsuchen, die Studentin betäuben, in ein Gebüsch zerren und vergewaltigen konnte. „Es gab mehrere Gründe, warum der Haftbefehl nicht vollstreckt wurde, einen Strauß an Tatsachen. Es ist üblich, dass die Polizei ihre Maßnahmen vorbereiten muss, wenn ein Haftbefehl oder ein Durchsuchungsbeschluss verhängt wurde“, sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

          Innenministerium: Erklärungsbedürftig, aber auch erklärungsfähig

          Die Gruppenvergewaltigung sei am 14. Oktober passiert, am 25. Oktober waren acht mutmaßliche Täter in Untersuchungshaft. „Man kann doch nicht sagen, dass wir geschlafen haben.“ Aber kein Politiker kann den Bürgern erklären, warum ein gefährlicher Straftäter, der wie Majd H. im Sommer im Freibad einen behinderten Mann äußerst brutal mit einem Baseballschläger zusammenschlagen haben soll, nicht sofort in Untersuchungshaft kommt. An diesem Freitag wollen Polizei und Staatsanwaltschaft weitere Details und Ermittlungsergebnisse vorstellen, die Aussagen der acht inhaftierten Verdächtigen haben zu einer Vielzahl neuer Spuren geführt, vielleicht auch zu weiteren Tätern. Das meinte die Polizei, wenn sie in den vergangenen Tagen immer wieder von einem „sehr dynamischen Ermittlungsverfahren“ sprach. Die späte Verhaftung, heißt es im Innenministerium, sei „erklärungsbedürftig, aber auch erklärungsfähig“.

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