Nach Brand in Flüchtlingslager : Aufnahmeeinrichtungen in Deutschland stehen teilweise leer
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Griechische Soldaten errichten auf einer Shooting Range auf der Insel Lesbos UNHCR-Zelte zur Unterbringung von Flüchtlingen. Bild: dpa
400 unbegleitete Minderjährige aus dem abgebrannten Flüchtlingslager auf Lesbos sollen in anderen EU-Staaten unterkommen. Tausende Menschen harren dort noch aus. Seit Monaten stehen in Deutschland viele Aufnahmeeinrichtungen teilweise leer.
Die Städte und Kommunen in Deutschland haben laut Beamtenbund dbb zahlreiche freie Plätze in Aufnahmeeinrichtungen für Migranten. „In vielen Städten gibt es freie Aufnahmeplätze, da Flüchtlinge von 2015 mittlerweile in regulären Wohnungen leben oder nicht mehr in Deutschland sind“, sagte der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach der Deutschen Presse-Agentur.
„Die Erfahrungen aus 2015 haben insbesondere die Kommunen in die Lage versetzt, mit Flüchtlingsströmen besser umzugehen“, sagte Silberbach. 2015 waren knapp 900.000 Asylbewerber weitgehend unkontrolliert nach Deutschland gekommen. Für das vergangene Jahr hatte das Innenministerium eine Zahl von rund 140.000 Asylerstanträgen genannt.
Nach dem Großbrand im griechischen Migrantenlager Moria wollen sich neben Deutschland bisher neun weitere europäische Staaten an der Aufnahme von 400 unbegleiteten Minderjährigen beteiligen.
Zehntausende freie Plätze
In den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder, in denen Flüchtlinge ihren Asylantrag stellen, gab es nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ im Frühjahr rund 25.000 freie Plätze, wie ein Rundruf bei den Landes-Innen- und Sozialministerien ergeben habe. Mindestens 40.000 weitere Plätze könnten die Länder darüber hinaus zusätzlich bereitstellen.
Silberbach sagte über die Lage auf Lesbos: „Wir können nicht tausende Menschen tagelang unter freiem Himmel ausharren lassen.“ Grundsätzlich seien europäische Lösungen nötig, aber schnell auch konkrete humanitäre Hilfe. Inzwischen bauen die griechischen Behörden ein Zeltlager auf Lesbos auf, darin sollen die Migranten unterkommen.
Silberbach sagte: „Das sind ja aktuell auch keine Hunderttausende von Menschen, sondern wir reden über ein paar Tausend.“ Die Bereitschaft und Kapazität auf der kommunalen Ebene sei da, jetzt spontan zu helfen. „Sie finden keinen Bürgermeister, keinen Landrat, der die Tür zumacht, sondern Sie finden Hilfsbereitschaft.“
Für die politische Diskussion in diesem Land wünscht sich Silberbach „weniger Schaum vor dem Mund“. Der dbb-Chef erläuterte: „Die eine Seite verteufelt alles und stellt Flüchtlinge in Deutschland als den Untergang unserer Kultur dar. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die meinen, unsere Willkommenskultur erlaube keine kritischen Fragen.“ Gefragt sei mehr Pragmatismus. „Dann würden auch nicht so viele Bürgerinnen und Bürger meinen, der Staat sei überfordert“, sagte Silberbach. „Der Staat ist keineswegs überfordert, auch wenn wir nun Menschen aus Lesbos aufnehmen.“
Europäische Lösung
Natürlich seien am Ende aber europaweite politische Lösungen nötig. „Die Aufnahmebereitschaft darf nicht überstrapaziert werden, weil sich dann nur der rechten Rand wieder austobt.“
Doch auch in der Bevölkerung sei die Bereitschaft weiter groß, Menschen in Not zu helfen, sagte Silberbach. „Wenn schätzungsweise vier Fünftel eher hilfsbereit sind und maximal ein Fünftel Migration für Teufelszeug hält, darf die Minderheit nicht die Debatte bestimmen“, so der Vorsitzende von dbb beamtenbund und tarifunion. „Die Zivilgesellschaft und die öffentlichen Organisationen müssen hier gegenhalten.“