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Vertuschter Kindesmissbrauch : Wie die Kirche als Kulturmacht noch zu retten ist

In der Frankfurter Paulskirche: Der Limburger Bischof Georg Bätzing hält den Bericht des Projekts „Betroffene hören - Missbrauch verhindern" in der Hand. Rechts neben ihm Ingeborg Schillai, die die Studie in Auftrag gegeben hatte. Bild: dpa

Die Katholische Kirche hat jetzt schriftlich, welche Veränderungen angesichts der Vertuschung von Kindesmissbrauch nötig sind, damit sie nicht zur Sekte wird. Es ist ein langer Weg, aber es geht um Alles oder Nichts.

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          Seit fast zwanzig Jahren wird die katholische Kirche (nicht nur) in Deutschland von ihrer Vergangenheit eingeholt. Jahrzehnte-, wenn nicht jahrhundertelang hatten sich sexuelle Gewalttäter im Raum der Kirche so sicher fühlen können wie in kaum einem anderen Segment der Gesellschaft: Nicht nur die geistliche Macht über Menschen, die ihnen zugestanden wurde, ließ manchen Geistlichen zum „Missbrauchstäter“ werden. Wurden ihre Taten ruchbar, konnten sie allzu oft auf Nachsicht ihrer Vorgesetzten rechnen. Vielen war am Schutz der Institution alles gelegen, am Schutz der Opfer und ihren Familien nichts.

          Wenn heute die Kirche als einer der sichereren Orte für Kinder gilt, dann nicht nur dank umfassender Präventionsmaßnahmen. Unter dem Druck der Öffentlichkeit stellen sich Theologen und immer mehr Amtsträger jenen systemischen Faktoren, welche die Ausübung sexueller Gewalt begünstigen. „Klerikalismus“ trifft die Sache nicht genau. Im Kern geht es um die Sakralisierung von Macht und um eine Biopolitik, die männlich dominierte Geschlechterordnung als gottgewollte Schöpfung verbrämt.

          Welche Veränderungen auf die Kirche zukommen, will sie nicht zur Sekte werden, sondern auch künftig noch als Kulturmacht wahrgenommen werden, hat der Limburger Bischof Georg Bätzing seit Samstag schriftlich. Viele der Reformprozesse, die in und für sein Bistum als unabdingbar identifiziert wurden, übersteigen indes die Macht eines Einzelnen, und sei er noch so mutig.

          Da könnte es sich als Glücksfall erweisen, dass Bätzing, der dem Aufarbeitungsprozess in Limburg im vergangenen Jahr seine Zustimmung gegeben hat, seit März auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist. Zum einen werden sich nun alle andere Bischöfe fragen lassen müssen, warum sie nicht können oder wollen, was ihr Vorsitzender kann.

          Der „Synodale Weg“ aber, den Bischöfe und Laien vor einem Jahr gemeinsam begonnen haben, wird mit seinen Themen Macht, Frauen und Sexualmoral nun endgültig zur Arena, in der es für die katholische Kirche (nicht nur) in Deutschland um Alles oder Nichts geht.

          Daniel Deckers
          in der politischen Redaktion verantwortlich für „Die Gegenwart“.

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