Merkel in Afrika : Weiße Flecken auf der Karte
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Angela Merkel zu Besuch in einem Krankenhaus in Kapstadt Bild: AFP
Angela Merkel hat auf ihrer Afrika-Reise nur das gesehen, was fast alle Politiker sehen. Von den mehr als 50 Ländern werden meist die besucht, die am ehesten Anlass zur Hoffnung geben. Von Hans-Christian Rössler.
Wenn deutsche Politiker nach Afrika reisen, scheint den meisten nur ein halbes Dutzend Länder als Ziele einzufallen - auf einem Kontinent, der aus mehr als 50 Ländern besteht. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die seit Mittwoch in Afrika unterwegs ist, tut sich nicht durch besondere Originalität hervor: Sie verbringt die längste Zeit in Südafrika.

Politischer Korrespondent für die Iberische Halbinsel und den Maghreb mit Sitz in Madrid.
Ihr Vorgänger Gerhard Schröder hatte es ähnlich gehalten. Der SPD-Politiker machte vor drei Jahren auf seiner einzigen großen Afrika-Tour wie Angela Merkel in Südafrika und auch in Äthiopien Station. Er besuchte dazu noch Kenia und Ghana, während die Bundeskanzlerin ihre Reise mit einer Stippvisite in Liberia an diesem Sonntag abschließt - wenigstens ein ausgefalleneres Ziel hat mittlerweile politische Tradition.
Südafrika, Mali und Ruanda
Wenn sie schon nach Afrika aufbrechen, wollen Berliner Besucher am liebsten Länder sehen, die dort zur Hoffnung Anlass geben. Doch solche eindeutigen Fälle sind dünn gesät, was bei den meisten deutschen Politikern große weiße Flecken auf der Karte des Schwarzen Kontinents zur Folge hat.
Abgesehen von Südafrika, gehört Mali mit seinen stetigen demokratischen Fortschritten seit Jahren zu den beliebten Zielen; auch Ruanda steht nach wie vor gerne auf dem Reiseprogramm, selbst wenn sich das Regime dort zunehmend autoritärer gibt. Das früher als Musterland geltende Uganda hat dagegen an Attraktivität eingebüßt - etwa im Vergleich zu Ghana, das in diesem Jahr schon Bundespräsident Horst Köhler und Außenminister Frank-Walter Steinmeier aufsuchten.
Mehr Eigeninitiative und -verantwortung gefordert
Die Begeisterung für Äthiopien hat sich nach den Unregelmäßigkeiten bei den letzten Wahlen, Massenfestnahmen und Schauprozessen deutlich abgekühlt. Da aber in Addis Abeba die Afrikanische Union (AU) ihren Sitz hat, nutzen deutsche Reisende einen Zwischenstopp dort gerne, um sich vor diesem Forum an den gesamten Kontinent zu wenden.
Das tat am Donnerstag auch Angela Merkel. Ihr Auftritt unterschied sich nicht sonderlich von dem ihres Vorgängers Schröder. Beide warben für mehr Eigeninitiative und -verantwortung: Die Afrikaner müssten sich letztlich selbst helfen, verlangten beide von der AU, der es mit ihren Friedenssoldaten in Somalia und der westsudanesischen Darfur-Provinz bis heute nicht gelingt, die Gewalt zu beenden.
Die chinesische Präsenz ist unübersehbar
Spätestens beim Blick auf die Delegationslisten werden aber die Unterschiede zwischen den beiden Regierungschefs unübersehbar. Gut 20 Wirtschaftsvertreter hatten Schröder einst begleitet; die Kanzlerin begnügte sich mit halb so vielen. Besonders im boomenden Südafrika sei das aufmerksam registriert worden, merkten Vertreter deutscher Wirtschaftsverbände an, die sich deshalb schon Sorgen machen, ins Hintertreffen zu geraten. Denn am Kap wird in diesen Tagen auch der französische Präsident Nicolas Sarkozy erwartet - und der bringt eine große Zahl von Managern und Unternehmern in dieses Land mit, das nicht zum klassischen französischen Einflussgebiet gehört.
Unübersehbar für den Gast aus Deutschland ist in Afrika aber die chinesische Präsenz, die längst in den Schatten stellt, was die Europäer dort tun: In Addis Abeba bauen die Chinesen der AU gerade ein neues Hauptquartier. China sei ein „großer Partner“, sagte zum Beispiel AU-Kommissionspräsident Konaré Angela Merkel. In Südafrika kann sich die Kanzlerin dann berichten lassen, dass sich die einheimischen Textilhersteller kaum noch der Billigkonkurrenz aus Fernost erwehren können.
Liberia wird nach 14 Jahren Bürgerkrieg aufgebaut
Das „Lernen“ und das „Erfahren“ hat die Bundeskanzlerin als Ziele ihrer Reise genannt; eine der besten Chancen dafür bietet der heutige Sonntag. In den wenigen Stunden in der liberianischen Hauptstadt Monrovia trifft die Bundeskanzlerin nicht nur Ellen Johnson-Sirleaf, die bisher einzige afrikanische Präsidentin. In Liberia ist auch zu erleben, was es heißt, ein relativ kleines Land nach 14 Jahren Bürgerkrieg mit 250.000 Toten wieder aufzubauen. Noch über Jahre hinaus werden dort viele tausend UN-Soldaten den Liberianern zur Seite stehen müssen - Anschauung für Afghanistan, Kongo oder Darfur.
Dass es eine Alternative zu hektischen Blitzbesuchen gibt, macht seit längerem Bundespräsident Köhler vor. Sieben Staaten hat er in Afrika schon besucht. Es waren nicht nur die üblichen Reiseziele, sondern auch Benin und Sierra Leone sowie auf seiner letzten Afrika-Reise Botswana, Madagaskar und Moçambique. Die drei Länder hatte Köhler gewählt, weil sich in ihnen trotz großer Schwierigkeiten wirtschaftlicher Aufschwung und demokratische Fortschritte zeigen.