Anschlag in Ansbach : Tage des Schreckens
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Abgesperrt: die Innenstadt von Ansbach rund um den Tatort Bild: dpa
Die Menschen in Ansbach wirken nach dem Bombenanschlag aufgewühlt, aber nicht panisch. Sie sind sich bewusst: Es hätte noch viel mehr passieren können.
Der Knall war bis ins Hotelzimmer zu hören. Ludwig Trog hatte mit seiner Frau in einem schicken Hotel in der Ansbacher Innenstadt eingecheckt, nahe der Reitbahn. Sie wussten, am Sonntagabend wird es laut. Da sollte das Open-Air-Festival stattfinden. 2500 Menschen waren auf den Platz gekommen, standen vor der Bühne. Dann der Knall. „Das klang nicht nach lustigem Festival“, sagt Trog. „Das klang nach einer Explosion.“
Nach allem, was die Ermittler bislang wissen, spielte sich am Sonntagabend gegen 22 Uhr folgendes ab: Ein 27 Jahre alter syrischer Flüchtling will auf die Reitbahn zu dem Festival gelangen. An einem Eingang, einem schmalen Torbogen, wird er von einem Ordner aufgehalten, weil er keine Eintrittskarte hat. Darauf zündet der Siebenundzwanzigjährige eine Bombe, die er offenbar in seinem Rucksack deponiert hatte. Metallteile fliegen herum. Der syrische Flüchtling ist sofort tot. 15 Menschen werden verletzt.
Noch in der Nacht gibt es eine Pressekonferenz in Ansbach. Der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ist da. Er kommt gerade aus Berlin und war auf dem Weg zurück nach München. Dort stand die ganze Bevölkerung noch unter Schock, nachdem ein Amokläufer am Freitagabend neun Menschen und sich selbst umgebracht hatte. Nun schon wieder ein Anschlag. Aber dieser ist anders. Herrmann ist müde. Er sagt: Das sei wohl ein „echter islamistischer Selbstmordanschlag“.
Sollten die Ermittlungen ergeben, dass das stimmt, dann wäre es der erste islamistische Selbstmordanschlag. Terror in Ansbach.
Die Stadt in Mittelfranken hat 40.000 Einwohner. Normalerweise ist hier nicht viel los. Die Straßen in der Altstadt sind hübsch gepflastert, die Häuser nett verziert. Fränkischer Rokkoko. 600 Flüchtlinge gibt es in der Stadt.
Mit denen gab es bislang kaum Probleme, schildern mehrere Anwohner. Ein Mitarbeiter des städtischen Sozialamts beschreibt den Täter als unauffällig und nett. Aber er ist auch mehrfach von der Polizei strafrechtlich erfasst worden. Zudem soll er Depressionen gehabt haben, er wurde deswegen auch behandelt. Zwei Mal soll er versucht haben, sich umzubringen.
Seit zwei Jahren lebte der Mann in Deutschland, vor einem Jahr wurde sein Asylantrag abgelehnt, seitdem wurde er geduldet. Syrer werden wegen des Bürgerkriegs nicht abgeschoben. Wie das Bundesinnenministerium aber mitteilte, war der Flüchtling schon in Bulgarien und Österreich registriert worden. Warum die vorgesehene Abschiebung nach Bulgarien nicht vollzogen wurde, ist bislang unklar.
Ansbach : Attentäter lebte in einer Asylbewerberunterkunft
Nach Würzburg und München ist es der dritte Anschlag in Bayern innerhalb einer Woche. „Bayern erlebt Tage des Schreckens“, sagt der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU).
In Ansbach hätte noch viel Schlimmeres passieren können. Dass es dazu nicht kam, lag nicht an den guten Sicherheitsvorkehrungen für das Open-Air-Festival. Es lag an einem Ordner, der beherzt zugriff, weil der Attentäter keine Eintrittskarte hatte.
Dieses Detail macht den Ansbachern am Tag danach besonders viel Angst. Nichts scheint mehr sicher. Vor den Schulen stehen die Autos Schlange, Eltern holen ihre Kinder ab. In den Cafés wird gemutmaßt. Nach dem Knall gab es keine Panik. Und auch jetzt wirken die Bewohner aufgewühlt, aber nicht panisch.
Auch Ludwig Trog nicht. Er und seine Frau können zwar nicht in ihr Hotelzimmer, weil die Polizei den Tatort weiträumig abgesperrt hat. Aber die beiden warten gerne. Die Polizei soll in Ruhe ermitteln.