Machtkampf in der SPD : Es wird eng für Müntefering
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Müntefering: Pfeift er schon auf dem letzten Loch? Bild: ddp
Im Streit zwischen Beck und Müntefering sucht der SPD-Vorsitzende den Machtkampf. Dem aufmüpfigen Vizekanzler prophezeit er eine Niederlage auf dem Parteitag. Müntefering beginnt zu erkennen, dass er auf verlorenem Posten steht. Von Eckart Lohse und Markus Wehner.
Nicht einmal zwei Wochen ist es her, dass Kurt Beck und Franz Müntefering, Seite an Seite, Angela Merkel gegenübersaßen. Im Kanzleramt tagte an jenem Montagabend der Koalitionsausschuss. Vier Genossen pflegen in diesem Gremium auf der einen Seite des großen Tisches zu sitzen, drei CDU- und zwei CSU-Häupter auf der anderen.

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Doch ganz präzise ist die Darstellung nicht. Der Kanzlerin gegenüber sitzt in den Treffen des Koalitionsausschusses nur einer: der SPD-Vorsitzende. Der Vizekanzler hat seinen Platz ihm zur Linken, also der Regierungschefin nur schräg gegenüber.
Beck sucht den Machtkampf
Seit Kurt Beck zum SPD-Vorsitzenden gewählt wurde, ist er der Riegenführer, wenn die SPD im kleinsten Kreis auf die Union trifft. Er antwortet im Koalitionsausschuss als Erster auf die Bundeskanzlerin. Er unterbreitet Kompromissvorschläge der SPD. Er nimmt die Vorschläge der Gegenseite an oder lehnt sie ab.
Noch nie, so ist zu hören, habe Franz Müntefering in dieser Runde den Ton angegeben. Er ist im Koalitionsausschuss mehr Arbeitsminister als Vizekanzler, er beschränkt sich auf die Themen seines Ministeriums. Bisher hat Beck ihm dieses Feld überlassen. Jedenfalls im Koalitionsausschuss.
Draußen ist es längst anders. Da zielt der Parteivorsitzende mit seinem Vorschlag, den Bezug des Arbeitslosengeldes I zu verlängern, ins Innerste der Zuständigkeit Münteferings. Und das nicht so sehr, weil ihm die älteren Arbeitslosen so wichtig wären. Vielmehr sucht Beck den Machtkampf.
„Stregischer Fehler, Schwenk, Populismus“
Der Vizekanzler hat den Fehdehandschuh aufgenommen. Während Beck ihm eine krachende Niederlage auf dem Parteitag in Aussicht stellt und sich anschließend selbstbewusst in seinen traditionellen Herbsturlaub nach Andalusien zurückzieht, nutzt Müntefering fast jede Gelegenheit, um seinen Kampfeswillen unter Beweis zu stellen.
„Strategischer Fehler“, „Schwenk“ und Populismus lauten die Vorwürfe gegen Beck. In der Fraktionssitzung am Dienstag spitzte der Minister den Konflikt weiter zu. Man müsse sich einmal vorstellen, „wir würden noch den Kanzler stellen“. Er frage sich, ob dann das Willy-Brandt-Haus der Partei einen Politikwechsel verordnen würde.
„Ein starkes Stück Illoyalität“
Mehrere Abgeordnete zeigen sich überzeugt, dass Müntefering, hätte es eine Abstimmung gegeben, eine Zweidrittelmehrheit gewiss gewesen wäre. Jedenfalls klatschten am Ende die meisten, als Müntefering andeutete, dass er einen Kompromiss für möglich halte. Doch nicht alle sind begeistert. Etwas weniger „Gasgeben“ wäre mehr gewesen, ist zu hören. Von einer wahren „Spalter-Rede“ sprechen SPD-Abgeordnete aus der Parteilinken.
Müntefering habe „ein starkes Stück Illoyalität“ gegenüber Beck demonstriert. In seinem „im Stil grenzwertigen“ Auftritt habe der Arbeitsminister den versammelten Genossen signalisiert, dass er der Chef sei. Früher Kanzler Gerd, heute Vizekanzler Franz. „Er hat offenbar vergessen, dass er als Parteivorsitzender einmal zurückgetreten ist“, sagt einer der Linken.
Manche nennen Müntefering einen „Autisten“