Lockerungen im Grenzverkehr : Familien können sich wieder besuchen
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Kleiner Grenzplausch: Menschen treffen sich an der Deutsch-Schweizer Grenze zwischen Konstanz und Kreuzlingen. Bild: dpa
Dürfen Familien, die in zwei Ländern leben, sich trotz Corona sehen? Ja, hat das Innenministerium klargestellt. Außenminister Maas dämpft aber die Hoffnung auf einen normalen Sommerurlaub.
Die Wiederöffnung der Grenzen in Europa für private Reisen soll nach Angaben von Außenminister Heiko Maas in einer „kontrollierten und koordinierten“ Weise stattfinden. Maas sagte am Freitag nach einem Video-Gespräch mit der schwedischen Außenministerin Anne Linde, „wir alle wünschen eine schnelle Rückkehr“ zum Schengener Abkommen, welches die Reisefreiheit in der EU regelt. Maas dämpfte jedoch Hoffnungen, dass dies vor den Sommerferien gelingen werde. An den Grenzen, die seit dem 16. März kontrolliert werden, gibt es unterdessen Erleichterungen für Reisende, die zu einer Familie gehören, aber in verschiedenen Staaten ihre Wohnsitze haben.
Familien, die auf beiden Seiten der Grenze verteilt leben, können sich seit Beginn der Grenzkontrollen wieder sehen. Das Bundesinnenministerium stellte klar, dass der grenzüberschreitende Besuch der Kernfamilie uneingeschränkt möglich sei. Dies gilt bereits seit einigen Tagen. Eltern dürfen Kinder, von denen sie getrennt leben, demnach ohne Angabe weiterer Gründen besuchen. Ein Grenzübertritt ist auch möglich, um älteren Angehörigen beizustehen, selbst wenn diese nicht krank sind oder medizinische Betreuung brauchen. Ehepartner und Lebenspartner dürfen sich uneingeschränkt besuchen. Für Unverheiratete gilt das aufgrund von Beweisschwierigkeiten so nicht, allerdings kann die Bundespolizei auch in diesen Fällen eine Einreise gestatten.
Gemeinsame europäische Beschaffungsaktionen
Die südbadischen CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung, Felix Schreiner und Armin Schuster hatten sich in der vergangenen Woche für diese Ausnahmen stark gemacht. Aus dem Bundesinnenministerium hieß es, dass es sich nicht um eine Lockerung oder Neuregelung handele, sondern lediglich um eine Klarstellung, wie in diesen Einzelfällen zu verfahren ist. Die Bundespolizei hätte demnach also auch schon zuvor Familienbesuche als „triftigen Grund“ für eine Grenzüberquerung ansehen können. Ausdrücklich war das aber bislang, anders als etwa für Pendler oder für den Warenverkehr, nicht vorgesehen.
Maas und Linde waren sich einig, die europäische Zusammenarbeit in der Corona-Krise habe sich zuletzt deutlich verbessert. Das Maß der Koordinierung sei „enorm“ gestiegen, sagte der deutsche Außenminister. Es gebe gemeinsame europäische Beschaffungsaktionen für Schutzausrüstung; Deutschland habe Schweden auch mit medizinischem Gerät ausgeholfen. Maas sagte, auch die Rückholaktion für Urlauber sei ein Beispiel europäischer Zusammenarbeit. Insgesamt seien 380 Schweden mit den Charterflugzeugen, die das Auswärtige Amt gemietet hatte, aus aller Welt in die Heimat zurückgebracht worden. Dafür habe Schweden bei Flügen aus Mali auch Deutsche mit ausgeflogen. Insgesamt sind mittlerweile nach Angaben des Auswärtigen Amts fast eine Viertelmillion deutsche Touristen mit Hilfe des Rückholprogramms heimgekehrt. Es gebe nach wie vor noch „einige hundert“, die auf eine Heimreise warteten. Am Freitag fand der letzte Charterflug aus Südafrika mit deutschen Heimkehrern statt.
Im Blick auf die sommerliche Reisesaison sagte der deutsche Außenminister am Freitag, „wir können und wollen eine solche Rückholaktion im Sommer nicht noch einmal wiederholen“. Auch die schwedische Regierung, deren Einschränkungen zur Bekämpfung des Coronavirus bislang weit weniger drastisch wirkten als in anderen Ländern, sieht die Möglichkeit des freien Reisens skeptisch. Ministerin Linde sagte, „diesen Sommer wird es sehr schwierig sein mit dem Reisen“; egal, in welches Land man fahren wolle. Die schwedischen Warnungen vor grenzüberschreitendem Reisen seien bis Mitte Juni in Kraft. Das Auswärtige Amt hat seine weltweite Reisewarnung zwar zunächst nur bis zum 3. Mai befristet, dabei aber schon angedeutet, dass eine Verlängerung wahrscheinlich ist. Maas sagte dazu am Freitag, es sei „davon auszugehen, dass es einen Sommerurlaub, wie wir ihn kennen, in diesem Jahr nicht geben wird“.
Maas: Lockerung nur „sehr, sehr vorsichtig“ möglich
Maas äußerte am Freitag auch Verständnis für weniger strikte schwedische Regelungen beim Kampf gegen das Coronavirus. Unterschiede zwischen den Ländern seien kein Beispiel für eine mangelnde europäische Abstimmung untereinander, sondern schlicht ein Ausdruck verschiedener Verhältnisse in den jeweiligen Ländern. Im viel dünner besiedelten Schweden könnten andere Maßnahmen wirken als im dicht besiedelten Deutschland. Hierzulande würden Lockerungen nur „sehr, sehr vorsichtig“ möglich sein, sagte Maas. Es müsse unter allen Umständen vermieden werden, dass sich das Virus in einer zweiten Welle neuerlich stärker verbreite, „die uns dann deutlich härter treffen wird, sowohl gesundheitlich als auch wirtschaftlich“.