Allensbach-Studie : Abgehängt in der schönen neuen Welt
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Arbeiten am Computer: Für viele Unter-30-Jährige eine Selbstverständlichkeit. Bild: dpa
Das Internet ist der wichtigste Treiber gesellschaftlicher und ökonomischer Veränderungsprozesse in Deutschland. Doch große Teile der Bevölkerung sind von dieser Entwicklung noch immer abgekoppelt. Und es sind nicht nur die Älteren.
Nichts beeinflusst die Gesellschaft zurzeit nach dem Empfinden der Bürger mehr als das Internet. Es wird nicht einfach als ein weiteres Instrument für die Informationsbeschaffung und Transaktionen gesehen, sondern als wichtigster Treiber gesellschaftlicher und ökonomischer Veränderungsprozesse. Diese Veränderungen werden von den meisten unmittelbar erlebt, beruflich wie im Privatleben. Mittlerweile sind rund 80 Prozent der erwachsenen Bevölkerung online, von den Unter-30-Jährigen fast 100 Prozent. Lediglich ein großer Teil der Über-60-Jährigen ist von dieser Entwicklung noch abgekoppelt: 48 Prozent der älteren Generation nutzen das Internet nie, weitere 7 Prozent nur sporadisch.
Für die Mehrheit der Unter-60-Jährigen gehört das Internet jedoch wie selbstverständlich zum Alltag. Von den 45- bis 59-Jährigen sind zwei Drittel täglich online, in der Regel mehrmals am Tag. Von den Unter-30-Jährigen geben 29 Prozent sogar zu Protokoll, sie seien fast den ganzen Tag über online, weitere 60 Prozent mehrmals am Tag. In dieser Generation sind auch 85 Prozent Mitglied in sozialen Netzwerken, von den 30- bis 44-Jährigen 63 Prozent. Jenseits der Mitte 40 ist die Mitgliedschaft in sozialen Netzwerken ein Minderheitenphänomen.
Internet verändert das Leben
Bei jedem zweiten Internetnutzer und bei zwei Dritteln der Mitglieder sozialer Netzwerke hat die Vernetzung das eigene Leben tiefgreifend verändert. Besonders die junge Generation, aber auch die Mehrheit der 30- bis 44-Jährigen sehen das so. So ziehen 70 Prozent der Unter-30-Jährigen und auch 56 Prozent der 30- bis 44-Jährigen die Bilanz, dass das Internet ihr privates Leben stark oder sogar sehr stark verändert hat.
Die Veränderungen betreffen vor allem die Information über Unternehmen und Produkte, die Kommunikation und Kontaktpflege, die individuelle Erreichbarkeit und die Abwicklung bestimmter Transaktionen. 60 Prozent informieren sich heute anders über Produkte und Unternehmen, 51 Prozent pflegen Kontakte mit Familie und Freunden anders als früher; 47 Prozent empfinden die jederzeitige Erreichbarkeit als gravierende Veränderung ihres Lebens. 44 Prozent buchen Reisen heute anders als noch vor wenigen Jahren, 41 Prozent wickeln Bankgeschäfte anders ab, jeder zweite Berufstätige berichtet vom Wandel der eigenen Tätigkeit durch das Internet.
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Neue Kommunikation: Wucherung des Smalltalks
Dabei verstärkt die Vernetzung zumindest für einige Jahre generationenspezifische Kulturen und Verhaltensmuster. Das gilt insbesondere für die Kommunikation mit anderen: Die Unter-30-Jährigen sind hier die Avantgarde, sie sagen, dass das Internet ihren Kommunikationsstil von Grund auf verändert hat. 81 Prozent der Unter-30-Jährigen pflegen private Kontakte anders als noch vor wenigen Jahren; 76 Prozent sind jederzeit erreichbar, 72 Prozent haben in Bezug auf ihren Freundeskreis die Kontaktfrequenz erhöht.
Der Anteil der Unter-30-Jährigen, die mit Freunden und Bekannten mehrmals täglich via Internet oder Handy Kontakt aufnehmen, ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen. Das bedeutet auch, dass diese Generation weitaus mehr Zeit mit Kommunikation zubringt. Das ist per se nichts Negatives; allerdings zeigt die Analyse der Themen, über die heute vermehrt kommuniziert wird, dass überwiegend relativ banale Informationen ausgetauscht werden – über den eigenen Standort, die momentane Befindlichkeit, Eindrücke oder Pläne für den Tag oder Abend. Durch die distanz- und zeitunabhängigen Kommunikationsmöglichkeiten wuchert der Smalltalk und verknappt zwangsläufig die übrigen zeitlichen Ressourcen.