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Laschets Lockdown-Vorschlag : Befreiungsschlag oder Verzweiflungstat?

  • -Aktualisiert am

Hat nachgedacht: CDU-Chef Armin Laschet Bild: EPA

Armin Laschets Vorschlag eines Brücken-Lockdowns wirkt wie ein PR-Schnellschuss im Fernduell mit Markus Söder um die Kanzlerkandidatur der Union. Es bleiben einfach zu viele Fragen offen.

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          Zwei Tage österliche Nachdenkzeit brauchte Armin Laschet, um dann am zweiten Feiertag mit dem Vorschlag eines „Brücken-Lockdowns“ zu überraschen. Der Fernsehauftritt des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, der nicht zufällig in das Impfzentrum seiner Heimatstadt Aachen verlegt wurde, ließe sich wohlwollend als Befreiungsschlag interpretieren. Im Blick auf Laschets Kampf um die Kanzlerkandidatur der Union mutet der Vorstoß jedoch eher wie eine Verzweiflungstat an, wie der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki sarkastisch anmerkte.

          Acht Tage nach der öffentlichen Rüge der Bundeskanzlerin bei „Anne Will“ für Laschets Lockerungskurs mitten in der dritten Pandemiewelle musste der CDU-Vorsitzende den Schulterschluss mit Merkel suchen. Laschet wollte sich nicht länger vom bayerischen CSU-Rivalen Markus Söder als Anführer des Teams „Leichtsinn“ vorführen lassen, der einen Streit mit der Kanzlerin anzettelt.

          Söder ist der Meister der medialen Selbstdarstellung

          In den Umfragen, mit welchem Kanzlerkandidaten die Unionsparteien in den Bundestagswahlkampf ziehen sollen, liegt Laschet rekordverdächtig weit hinter dem bayerischen Regierungschef. Der aber lässt seit Wochen so gut wie keine Gelegenheit aus, um gegen den Parteifreund zu sticheln. Doch die neue Härte, die Laschet nun als Pandemiebekämpfer zur Schau stellt, wirkt eher wie ein PR-Schnellschuss im Fernduell mit dem Meister der medialen Selbstdarstellung.

          Der Begriff „Brücken-Lockdown“ soll offenbar das rettende Ufer suggerieren, das nur dank Laschets dynamischen Krisenmanagements erreicht werden könne. Das mehrheitlich ablehnende Echo auf diesen Vorstoß kommt indes nicht überraschend. Auch wenn der CDU-Vorsitzende am Dienstag seinen Vorschlag nachbesserte, bleiben doch viele Fragen offen. Soll es eine bundesweite nächtliche Ausgangsbeschränkung geben, um die Zahl der privaten Kontakte drastisch zu senken? Wie soll das von Virologen angemahnte Homeoffice gegenüber der Wirtschaft durchgesetzt werden? Sind in zwei bis drei Wochen tatsächlich so viele Bürger geimpft, dass ein solcher Lockdown aufgehoben werden könnte? Und zögen – anders als nach früheren Corona-Gipfeln – alle Länder an einem Strang, wie es Laschet verspricht?

          Die ersten Reaktionen anderer Ministerpräsidenten lassen starke Zweifel aufkommen. Bevor deren Einigkeit nicht intern und vorab sichergestellt ist, ist das von Laschet geforderte Vorziehen der Ministerpräsidentenkonferenz um wenige Tage sinnlos. Sonst endet das Treffen noch desaströser als beim letzten Mal.

          Thomas Holl
          Redakteur in der Politik.

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