Landtagswahlkampf : Wie Schwerin auf eine politische Blockade zusteuert
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Sehnsucht nach Ruhe: Ministerpräsident Sellering füttert Rentiere. Bild: dpa
Im September sind Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und vieles deutet darauf hin, dass es für keine Koalition reichen könnte. Dafür ist vor allem die AfD verantwortlich.
Alles sollte beim Alten bleiben. So hatten sich die drei großen Parteien in Mecklenburg-Vorpommern – SPD, CDU und Linkspartei – den Landtagswahlkampf eigentlich vorgestellt. Am 4. September wird ein neuer Landtag gewählt. Der Wahltag fällt genau mit dem Ferienende zusammen, ein richtiger Wahlkampf dürfte also wegen der Ferienlaune schwierig werden. SPD, CDU und Linkspartei treten mit denselben Spitzenkandidaten an wie 2011, mit Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), Innenminister Lorenz Caffier (CDU) und Oppositionsführer Helmut Holter (Linkspartei).

Politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.
Alle drei Parteien schwärmen in ihren Wahlprogrammen von der Heimat. Bei der SPD heißt es im ersten Satz des Regierungsprogramms: „Mecklenburg-Vorpommern ist uns allen eine liebenswerte Heimat.“ Die CDU sieht die „Heimat als Mittelpunkt“. Die Linkspartei handelt „Aus Liebe zu MV“.
Alle drei Spitzenkandidaten sind seit Jahrzehnten in der Landespolitik und haben das Alter von 60 Jahren überschritten. Seit 2006 gibt es eine Koalition aus SPD und CDU. Sie arbeitet geräuschlos bis zur Langweiligkeit. Mecklenburg-Vorpommern gilt als vorbildlich in seiner Haushaltspolitik. Die Wirtschaftsdaten sind alles in allem positiv. Mecklenburg-Vorpommern gilt neben Bayern als das erfolgreichste Tourismusland. Die Flüchtlingskrise wurde gut gemeistert. Aber es ist eben auch ein kleines Land mit alternder, abnehmender Bevölkerung und wenig Wirtschaftskraft. Man muss es lieben, um hier gern zu leben. Da hat die Linkspartei mit ihrem Slogan schon Recht.
Die drei Parteien hatten gehofft, dass das NPD-Verbotsverfahren noch vor der Wahl zu einem aus Sicht des Landes positiven Ergebnis kommt, eben dem Verbot. Dann wäre man wenigstens ein Problem – die NPD sitzt seit 2006 im Landtag – los. Aber auch so ist es um die vorsichtig gewordene NPD still geworden. In die Schläfrigkeit hinein nun blitzte wie eines der Gewitter dieses Sommers die AfD. Die jüngste Umfrage traut ihr 19 Prozent zu. Spitzenkandidat Leif-Erik Holm, ein früherer Radiomoderator, sagt selbstbewusst: „Wir wollen stärkste Kraft werden.“ Die CDU steht bei 25 Prozent, die SPD bei 22 Prozent. Holm hat also nicht nur einen Witz gemacht.
Eines der schillernden Parteimitglieder ist ein Greifswalder Jura-Professor, der einen früheren Rechtsextremen promovierte und in der Öffentlichkeit mit Sätzen auffällt wie „Mutter – der Begriff soll ausgerottet werden“ und „Wir sind alle völkisch“. Auch die AfD in Mecklenburg-Vorpommern liebt ihre Personalquerelen. So musste ein Sonderparteitag einberufen werden, um Petra Federau vom Listenplatz drei wieder abzuwählen, nachdem ihr Vorleben bei einem Escort-Service mit Kunden im arabischen Raum bekannt geworden war. Schon jetzt ist erkennbar, dass die AfD mit einer Plakat-Materialschlacht den Wahlkampf beleben will. Und längst hat das Auftauchen der AfD Konsequenzen für die anderen Parteien.