Landgericht Regensburg : Gustl Mollath bleibt weiter in der Psychiatrie
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Gustl Mollath vor seiner Vernehmung im Untersuchungsausschuss im Bayerischen Landtag Bild: dpa
Der Fall Gustl Mollath wird nicht neu verhandelt. Das Landgericht Regensburg verwarf die Anträge der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Bayerische Politiker kritisieren die Entscheidung.
Das Landgericht Regensburg hat am Mittwoch eine Wiederaufnahme des Verfahrens des Gustl Mollath abgelehnt. Die 7. Strafkammer des Gerichts verwarf Anträge der Staatsanwaltschaft und der Anwälte Mollaths, der gegen seinen Willen in der Psychiatrie untergebracht ist. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, das 2006 Mollath für geistig krank erklärte, weise zwar Mängel auf. Es gebe aber keine Anhaltspunkte für eine Rechtsbeugung; ein bewusster Regelverstoß des Landgerichts Nürnberg-Fürth liege nicht vor.
Bei einem Wiederaufnahmeverfahren stünden sich die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit gegenüber, führte das Landgericht Regensburg in einem 115 Seiten umfassenden Beschluss aus. Es habe nur darüber zu befinden gehabt, ob eine der engen gesetzlichen Gründe, mit denen die Rechtskraft einer Urteils durchbrochen werde, vorliege.
Neue Begutachtung angeordnet
Nicht davon berührt seien die Möglichkeiten im Vollstreckungsverfahren, Mollath freizulassen, weil die Voraussetzungen für eine Unterbringung in der Psychiatrie nicht mehr gegeben seien Das Oberlandesgericht Bamberg hatte in der vergangenen Woche eine neue Begutachtung Mollaths angeordnet. Er war 2006 nach Vorwürfen, er habe seine Frau misshandelt und Reifen zerstochen, als gefährlich eingestuft worden. Er leide unter der Wahnvorstellung, „Schwarzgeldkreise“, in die seine damalige Frau verstrickt sei, hätten sich gegen ihn verschworen. Später stellte sich heraus, dass die Bank, bei der Frau Mollath beschäftigt war, in einer internen Untersuchung schon 2003 zu dem Ergebnis gekommen war, alle „nachprüfbaren“ Behauptungen Mollaths träfen zu.
Das Landgericht Regensburg sieht in dem Bericht der Bank jedoch keine Rechtfertigung für eine Wiederaufnahme. „Im Wesentlichen“ würden darin Verstöße gegen bankinterne Vorgaben bestätigt; es fänden sich darin aber keine Belege für Schwarzgeldverschiebungen oder Bargeldtransfers. In dem Bericht der Bank wurden allerdings auch Verstöße gegen das Geldwäschegesetz und gegen das Wertpapierhandelsgesetz festgestellt; darauf wird in dem Beschluss des Landgerichts nicht weiter eingegangen.
Das Landgericht Regensburg sieht auch in der nach 2006 bekanntgewordene Aussage eines Zeugen, Frau Mollath habe in einem Telefonat gedroht, sie werde, wenn ihr Mann nicht von den Schwarzgeldvorwürfen abrücke, ihm mit Blick auf seinen Geisteszustand etwas anhängen, keinen Grund für eine Wiederaufnahme.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth habe 2006 die Frage, ob Frau Mollath ihren Mann zu Unrecht belaste, „eingehend“geprüft; in dem Urteil heißt es allerdings nur, sie schildere die Vorwürfe „ruhig, schlüssig und ohne Belastungseifer.“
Das Landgericht Regensburg hält auch für unbeachtlich, dass das Urteil 2006 auf ein Attest einer Ärztin gestützt wurde, das in Wahrheit deren Sohn ausgestellt hatte. Der Sohn habe in der Praxis seiner Mutter eine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin absolviert; auf einer Ausfertigung des Attest sei auch ein „i.V.“ zu erkennen. Darunter stand allerdings der Name der Ärztin, nicht ihres Sohnes; die Staatsanwaltschaft Regensburg wertete in ihrem Wiederaufnahmeantrag das Attest deshalb als unechte Urkunde.
Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) sagte nach dem Beschluss, die Staatsanwaltschaft werde Beschwerde beim Oberlandesgericht Nürnberg einlegen. Das Freiheitsrecht eines Menschen dürfe nur eingeschränkt werden, wenn es keine andere Möglichkeit gebe; im Fall Mollath seien daran „Zweifel aufgekommen“. Auch die Anwälte Mollaths kündigten an, Rechtsmittel einzulegen.
Im Fall Mollath ist auch noch eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe anhängig.
Scharf wurde das Regensburger Gericht aus den Reihen der Opposition gerügt. Der Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahl, Christian Ude, sprach von einer Entscheidung, die das Rechtsempfinden verletze. Das Gericht stelle zwar Fehler fest, erkläre sie aber auch deshalb für unbeachtlich, weil Pflichtverletzungen strafrechtlich verjährt seien. Alle Hoffnungen im Fall Mollath lägen nun beim Bundesverfassungsgericht.
Die SPD-Abgeordnete Inge Aures verwies darauf, dass die Staatsanwaltschaft Regensburg vierzehn Gründe für eine Wiederaufnahme vorgetragen habe, die das Landgericht Regensburg allesamt verworfen habe. Der Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion, Martin Runge, hob hervor, dass der ursprüngliche Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft auf Betreiben des Nürnberger Generalstaatsanwalts Hasso Nerlich massiv abgeschwächt worden sei. Aus dem Vorwurf der Rechtsbeugung, der zunächst von der Staatsanwaltschaft bejaht worden sei, sei in der Endfassung die Formulierung geworden, „einige prozessuale Normen wurden nicht eingehalten.“