Kurt Beck : Der Mann, der sich nicht verbiegen will
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Auf Sommerreise: Kurt Beck zu Besuch in einer Solar- und Windkraftanlage in Gerbach Bild: ddp
Der SPD-Parteivorsitzende Kurt Beck kämpft an vielen Fronten: in der Berliner Partei, in der ihm mitunter Respektlosigkeit entgegenschlägt, in der Öffentlichkeit, in der das dazu führt, dass ihm Führungsschwäche vorgeworfen wird. Und in Rheinland-Pfalz.
Gustav Herzog hat viel erlebt. Seit 1998 gehört er dem Bundestag an. Herzog kommt aus Rheinland-Pfalz, dem Land von Kurt Beck, und er hat seinen Wahlkreis Kaiserslautern, wo die SPD traditionell stark ist, stets direkt erobert. Die Ortschaft Waldmohr gehört dazu, wo wiederum der Unternehmer Bernhard Bauer seinem Ministerpräsidenten, dem SPD-Vorsitzenden, und den ihn begleitenden Journalisten stolz und auf quirlige Weise sein Unternehmen präsentiert: mittelständisch, gut zwanzig Jahre alt, weltweite Beziehungen, 170 Mitarbeiter. Gustav Herzog kennt viele von ihnen.
Er kennt sich hier aus. Er hat die schöne Aufgabe, „weinbaupolitischer Sprecher“ der SPD-Bundestagsfraktion zu sein. Er hat auch einen schönen Wahlkreis, und an diesem Tag des Besuchs scheint die Sonne. Herzog aber hat Gespräche zu führen, die allenfalls mittelbar mit der westlichen Pfalz und dem Landkreis Kusel zu tun haben. „Was machen die in Berlin mit unserem Kurt Beck?“, werde er von seinen Parteifreunden gefragt. Er antworte ihnen: „Der Kurt Beck ist der Gleiche. Es sind dort aber andere Verhältnisse als hier in Rheinland-Pfalz.“
Beck gilt als einer, den man nicht ernst nimmt
Herzog sagt, in Berlin würden die Sachthemen von Überlegungen zu Personalfragen überlagert. In der Bundeshauptstadt gebe es ständig das Bestreben, sich mit kritischen Äußerungen zu Beschlüssen auf Kosten der Partei zu profilieren. Herzog will das nicht noch weiter verschärfen. Doch er sagt: „Das kommt vor Ort überhaupt nicht gut an.“ Es gehöre „ein Deckel drauf“. Und er sagt resignativironisch: „Ich bin begeistert von den anonymen Zitaten.“ Er habe ein anderes Verständnis von Anstand. Er kennt die Berichte aus der Partei, Beck sei in der Krise. Also sagt er: „Den haben wir. Der wird wieder gewählt.“
Wahrscheinlich haben die Sozialdemokraten in Rheinland-Pfalz auch den Sturz „ihres“ Rudolf Scharping nicht vergessen - 1995 durch Oskar Lafontaine und Gerhard Schröder. Beck jedenfalls ist das noch in Erinnerung, und irgendwann in diesen zwei Tagen seiner „Sommerreise“ sagt er, Scharping habe viel für das Land und die Partei dort getan - nun aber gelte er als einer, der noch nie ernst zu nehmen gewesen sei. Er tut das in einer Mischung aus Kampfeswillen und Resignation - doch das wiederum ist Interpretation des Gesagten und Gesehenen. Politische „Sommerreisen“ führender Politiker - zumeist solcher, die ein präsentables Bundesland regieren - gibt es seit über dreißig Jahren. Die Reisen sind für die Medien bestimmt. Für sie vor allem werden sie organisiert. Es werden die schönen Seiten gezeigt. Der beliebte Landesvater. Aufblühende Fabriken. Ausgezeichnete Schulen. Bürgerschaftliche Initiativen. Die Landschaft. Und natürlich die Begegnungen mit den Menschen. Bilder gehören dazu.
„Bei uns ziehen alle an einem Strang“
Doch haben die Sommerreisen stets auch die andere Seite. Händeschütteln, Windräder am Berghang, Fischfabriken an der Küste - sie bilden die Hintergrundmalerei für das andere Thema: der Politiker in seiner Stärke, in seiner Schwäche. Gerhard Schröders Bild von 1995 mit einem der damals noch seltenen Mobiltelefone auf dem Deich in Neuharlingersiel, als er von Scharping als „wirtschaftspolitischer Sprecher“ der Partei entlassen wurde, ist auf einer solchen Reise entstanden. Schröder hatte sie auch als Abrechnung mit dem Bonner SPD-Betrieb damals genutzt. „Wenn ich übers Wasser laufen würde, würden die in Bonn sagen: Nicht einmal schwimmen kann der Schröder.“ Das reichte. Nur an der Küste war gelacht worden.