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Krippenplätze in Deutschland : „Wir malen keine Horrorszenarien“

  • -Aktualisiert am

Mein rechter, rechter Krippenplatz ist frei: Ein Kindergarten in Gotha Bild: Fricke, Helmut

Die Landkreise können den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz erfüllen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung des Deutschen Landkreistags.

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          Die „Krippenkatastrophe“ fällt aus - zumindest jenseits der Großstädte. Zu diesem Ergebnis kommt der Deutsche Landkreistag nach einer Befragung seiner Mitglieder, die als Träger der Jugendhilfe für die Kinderbetreuung zuständig sind. 70 Prozent der Landkreise gaben an, dass es ihnen möglich sein werde, den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz vom 1. August 2013 an in vollem Umfang zu erfüllen. Nur mancherorts müssten Eltern Übergangslösungen akzeptieren, etwa dass eine Kita-Gruppe ein oder zwei Kinder zusätzlich aufnehme.

          Denkbar sei auch, dass reife Zweieinhalbjährige in eine Kindergartengruppe wechseln, um einen Krippenplatz frei zu machen. 22 Prozent der Landkreise gaben an, dass es ihnen für „fast alle“ Kinder unter drei Jahren möglich sei, den Rechtsanspruch zu erfüllen. Nur acht Prozent der 251 an der Umfrage beteiligten Landkreise machten keine Angaben; 291 Landkreise gibt es in Deutschland. Die Landkreise sind Träger der Verwaltung für knapp 60 Prozent der Bevölkerung.

          Landkreise „gut gerüstet“

          Der Landkreistag will mit seiner Befragung deutlich machen, dass die Kreise „gut gerüstet sind“, wie Präsident Hans Jörg Duppré dieser Zeitung sagte. Duppré ist langjähriger Landrat des Kreises Südwestpfalz. Er sagte, dass die Landkreise nur deshalb so gut dastünden, weil sie in der Vergangenheit „erhebliche Investitionen“ in Kinderkrippen geleistet hätten. Angesichts des Mangels an ausgebildeten Erzieherinnen werde es allerdings immer schwerer, Krippen mit ausgebildetem Personal auszustatten.

          Außerdem würden die Landkreise durch die Länder nicht hinreichend finanziert, so dass die Betriebskosten der Kitas zum Problem würden. Dennoch gelte: „Wir als Landkreise erfüllen unsere Aufgaben, wir malen keine Horrorszenarien an die Wand und beteiligen uns nicht an der Alarmrhetorik“, sagte der Sprecher des Landkreistages. In den Landkreisen sind derzeit schon etwa 300.000 Plätze für Kleinkinder vorhanden. Sie rechnen zum August 2013 mit einem Bedarf von weiteren 56.000 Plätzen, wobei 44.300 davon schon auf den Weg gebracht seien. Zum Stichtag 1.August 2013 fehlten also nur 11.700 Plätze.

          Aufgrund des nicht ganz klar vorauszusehenden Elternverhaltens könne diese Lücke allerdings auch kleiner oder etwas größer ausfallen, hieß es bei der Organisation. In den kreisangehörigen Städten sind die Kreisjugendämter für die Versorgung mit Krippenplätzen verantwortlich; in den 107 kreisfreien Städten, die zumeist auch Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern sind und nicht vom Landkreistag vertreten werden, sind die kommunalen Jugendämter in der Pflicht.

          Vom August 2013 an haben Eltern einen Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder, die jünger sind als drei Jahre. Die Kommunen haben seit 2006 die Zahl der Krippenplätze und bei Tagesmüttern nahezu verdoppelt. Im März 2012 - neuere Zahlen gibt es nicht - wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamts 558.000 Kinder unter drei Jahren betreut. Bund, Länder und Kommunen gingen bei der Abfassung des Kinderförderungsgesetzes im Jahr 2007 von einem Bedarf von etwa 750.000 Plätzen in ganz Deutschland aus. Das entspräche einer Betreuungsquote von rund 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren.

          Zwischenzeitlich wurde diese Quote nach oben korrigiert; derzeit geht das Bundesfamilienministerium von einem Bedarf von 780.000 Plätzen aus. Das Statistische Bundesamt errechnete im November 2012 einen Mangel von 220.000 Plätzen. Das Deutsche Jugendinstitut in München (DJI), das im Auftrag des Ministeriums im Sommer des vergangenen Jahres 12.000 Eltern mit Kindern unter drei Jahren befragte, bestätigte, dass etwa 39,4 Prozent von ihnen eine Betreuung wünschten. Dabei gibt es deutliche Unterschiede zwischen Ost (56,1 Prozent) und West (35,3 Prozent). Auch wünschten sich Eltern in Westdeutschland häufiger einen Halbtagsplatz.

          Der Deutsche Städtetag erwartet in Großstädten einen Betreuungsbedarf von 40 bis 50 Prozent. Er geht weiterhin davon aus, dass nicht alle seine Mitglieder den Rechtsanspruch erfüllen können. Er hat sogar Rechtsgutachten darüber erstellen lassen, ob Städte von Eltern wegen eines fehlenden Platzes verklagt werden könnten. Dabei kam heraus, dass dann, wenn die Städte nachweisen, sich um den Ausbau bemüht, aber kein Personal gefunden zu haben, kein Schadensersatz fällig wird.

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