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Nach Überfall auf Ukraine : Bröckelt die Russland-Connection der SPD?

Die Krim war da schon lange annektiert: Altkanzler Schröder und Präsident Putin im Sommer 2018 Bild: imago/ITAR-TASS

Die niedersächsische SPD pflegt seit Jahren enge Verbindungen nach Moskau. Heino Wiese, eine zentrale Figur in den Russland-Geschäften um Gerhard Schröder, gibt sich nun geläutert. Der Altkanzler selbst hofft weiterhin auf einen Dialog.

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          Die ersten personellen Konsequenzen hatte der Ukraine-Einmarsch Russlands in Hannover, wo in der SPD schon seit Jahren auffällig Moskau-freundliche Positionen vertreten werden. In der Niedersächsischen Landeshauptstadt teilte der frühere SPD-Politiker Heino Wiese auf Anfrage der F.A.Z. mit, dass er als russischer Honorarkonsul zurücktrete und auch sein Amt als Präsident des Konsularischen Korps (CCD) in Deutschland niederlegen werde. „Weil ich die Politik Russlands seit heute nicht mehr rechtfertigen kann“, sagte Wiese zur Begründung und zeigte sich „ratlos“ angesichts des Überfalls Russlands auf die Ukraine.

          Reinhard Bingener
          Politischer Korrespondent für Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen mit Sitz in Hannover.

          Der Rückzug ist deshalb von Bedeutung, weil Wiese nicht nur als Interessenvertreter Moskaus in Deutschland gilt, sondern auch einen engen Draht zum früheren Bundeskanzler und ehemaligen SPD-Bundesvorsitzenden Gerhard Schröder hat. Auch dieser meldete sich am Donnerstag zu Wort, ging dabei aber nicht so weit wie Wiese. Zwar forderte Schröder auf der Plattform Linkedin ein Endes des Krieges und schrieb: „Das ist die Verantwortung der russischen Regierung.“ Anders als Wiese kappte Schröder, der sich in diversen Positionen als Interessenvertreter der russischen Energiewirtschaft engagiert, aber nicht öffentlich seine Verbindungen nach Moskau.

          Bei diesen Verbindungen spielte Wiese, dessen Mitarbeiter der heutige SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil einst war, eine zentrale Rolle. Wiese nahm etwa am 5. Januar 2022 an einem Treffen Schröders mit Johann Saathoff in Hannover teil. Der SPD-Politiker Saathoff, ebenfalls aus Niedersachsen, ist Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium und war zuvor Beauftragter der Bundesregierung für die zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit Russland. Bei dem Termin war zudem Matthias Platzeck zugegen, früherer brandenburgischer Ministerpräsident und ebenfalls von der SPD. Am Tisch saß also ein bedeutender Ausschnitt der Moskau-Connection innerhalb der SPD beieinander.

          Mit Schröder Nord Stream 2 vorangetrieben

          Schröder hat mit diesen Parteifreunden in den vergangenen Jahren das Projekt Nord Stream 2 vorangetrieben. Heino Wiese hat als Inhaber einer Beratungsagentur Geschäfte in Russland angebahnt und sich stets sehr wohlwollend über das Putin-Regime geäußert. In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ wurde Wiese Anfang Januar mit dem Satz zitiert, er finde den russischen Außenminister Lawrow „ja total gut, weil er nicht labert, sondern macht“. Die Äußerung führte zu Forderungen nach einem Rücktritt Wieses als CCD-Präsident, obwohl er erst Ende 2021 in dieses Amt gewählt worden war – übrigens in den Räumlichkeiten der Niedersächsischen Landesvertretung in Berlin. Die Rücktrittsforderungen wehrte Wiese allerdings mit Hilfe befreundeter Honorarkonsuln vor allem aus Hannover ab, von denen einige wiederum zum erweiterten Netzwerk Schröders gehören.

          Die Angelegenheit ist auch für die niedersächsische SPD heikel, denn Wiese war in der Ära Schröder viele Jahre Geschäftsführer des Landesverbands und ist unter erfahrenen Sozialdemokraten bis heute verdrahtet. Der F.A.S. berichtete Wiese, dass er vor Russlandreisen von Ministerpräsident Stephan Weil, den er seit Jahrzehnten aus der hannoverschen SPD kenne, Termine mit ranghohen Gesprächspartnern vermittelt habe – und Weil ist in seiner Amtszeit auffällig häufig nach Moskau gereist. Und nach dem Giftanschlag auf den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny hatte der Ministerpräsident noch im September 2020 eine Mitteilung mit der Überschrift „Sanktionen sind Sackgassen“ veröffentlicht, garniert mit folgendem Zitat des SPD-Urgesteins Egon Bahr: „In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie und Menschenrechte.“

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