https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/kreuz-erlass-marx-kritisiert-soeder-und-csu-scharf-15566947.html

Kardinal kritisiert Söder : „Kreuz ist kein Zeichen gegen andere Menschen“

  • Aktualisiert am

Das Kreuz sei „ein Zeichen des Widerspruchs gegen Gewalt, Ungerechtigkeit, Sünde und Tod, aber kein Zeichen gegen andere Menschen“ so Kardinal Marx. Bild: dpa

„Spaltung, Unruhe, Gegeneinander“: Der Münchener Kardinal Reinhard Marx kritisiert Markus Söder nach dem Kruzifix-Erlass scharf und sieht die Deutungshoheit bei der Kirche – und nicht in der Politik.

          2 Min.

          In die Debatte über den Kreuzerlass der bayerischen Staatsregierung haben sich jetzt auch die Spitzenvertreter der beiden großen Kirchen eingeschaltet. Dabei warf der Münchner Kardinal Reinhard Marx Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor, „Spaltung, Unruhe, Gegeneinander“ ausgelöst zu haben. „Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden“, sagte der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). „Dann würde das Kreuz im Namen des Staats enteignet.“ Es stehe dem Staat aber nicht zu, zu erklären, was das Kreuz bedeute.

          Es sei „ein Zeichen des Widerspruchs gegen Gewalt, Ungerechtigkeit, Sünde und Tod, aber kein Zeichen gegen andere Menschen.“ Die gesellschaftliche Debatte über das Kreuz halte er für wichtig, ergänzte Marx. Man müsse diskutieren, was es heißt, in einem christlich geprägten Land zu leben. Dabei müssten aber alle einbezogen werden: Christen, Muslime, Juden und jene, die gar nicht gläubig seien.

          Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, äußerte sich auf Facebook zurückhaltend. Er wolle die Debatte nicht personalisiert führen, „sondern hart an der Sache“. Wichtig sei ihm, die Inhalte, für die das Kreuz stehe, „in die Herzen der Menschen zu bringen“. Es dürfe aber nie für irgendwelche Zwecke instrumentalisiert werden.

          In einer Umfrage lehnten unterdessen 64 Prozent der Befragten eine Kreuzpflicht für Behörden ab, 29 Prozent waren dafür. Bayerns Wissenschaftsministerin Marion Kiechle (CSU) sorgte für Unruhe: Zunächst bezeichnete sie in einer Talkshow den Erlass als „keine besonders kluge Idee“. Später sagte sie in einer Erklärung der Staatsregierung: „Ich stehe klar zum einstimmigen Beschluss des bayerischen Kabinetts, (...) weil das Kreuz für die christliche Tradition Bayerns steht“.

          Der Münchner Weihbischof Wolfgang Bischof betonte, das Kreuz sei kein Symbol für Bayern „und erst recht kein Wahlkampflogo“. Wer im Geist des Kreuzes handeln wolle, „der muss die Menschen in den Mittelpunkt seines Handelns stellen, und zwar besonders die Menschen in Not“.

          Söder selbst und andere CSU-Politiker verteidigten den Erlass. „Natürlich ist das Kreuz in erster Linie ein religiöses Symbol“, räumte Söder ein. Doch in dem Symbol bündele sich auch die Grundidee eines säkularen Staates. Die Frage, ob sich die CSU bei christlichen Wählern anbiedern wolle, beantwortete er mit „Nein“.

          Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) warf Söder vor, nicht nur Religion zu instrumentalisieren, sondern auch Millionen Menschen auszugrenzen – Muslime, Atheisten und Juden: „Er missbraucht das Kreuz für seinen Wahlkampf und vermischt bewusst Religion und Politik.“

          Auch Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), FDP-Chef Christian Lindner und der Leiter der Passionsspiele von Oberammergau, Christian Stückl, kritisierten den Erlass und warnten vor dem Missbrauch eines religiösen Zeichens. Der katholische Theologe Hans-Joachim Sander warf Söder vor, das Kreuz für Machtdemonstrationen zu nutzen und Nicht-Christen an den Rand zu drängen.

          Weitere Themen

          Amnesty kritisiert westliche Doppelmoral

          Menschenrechte : Amnesty kritisiert westliche Doppelmoral

          Der Westen unternimmt laut Amnesty International zu wenig gegen Menschenrechtsverletzungen in verbündeten Staaten wie Israel, Saudi-Arabien und Ägypten. Scharfe Kritik gibt es auch an China und dem Iran.

          Die Angst, dass Tunesien kollabiert

          Migration nach Europa : Die Angst, dass Tunesien kollabiert

          Die Wirtschaftskrise in Tunesien verschärft sich. Aber Präsident Saïed unterschreibt einen Kreditvertrag mit dem Internationalen Währungsfonds nicht. Immer mehr Menschen verlassen das Land. In Europa wächst die Sorge.

          Topmeldungen

          S-Bahnen in München blieben am Streiktag im Depot.

          Tarifkonflikt : So geht es nach dem Warnstreik weiter

          Das große Verkehrschaos ist beim Großstreik am Montag ausgeblieben. Doch auch heute müssen Reisende mit Verzögerungen rechnen. Und Gewerkschafter bringen bereits einen flächendeckenden, unbefristeten Arbeitskampf ins Spiel.
          Ein Amnesty-International-Aktivist demonstriert gegen die Politik von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu.

          Menschenrechte : Amnesty kritisiert westliche Doppelmoral

          Der Westen unternimmt laut Amnesty International zu wenig gegen Menschenrechtsverletzungen in verbündeten Staaten wie Israel, Saudi-Arabien und Ägypten. Scharfe Kritik gibt es auch an China und dem Iran.
          Migranten aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara demonstrieren vor dem Sitz der Internationalen Organisation für Migration in Tunis.

          Migration nach Europa : Die Angst, dass Tunesien kollabiert

          Die Wirtschaftskrise in Tunesien verschärft sich. Aber Präsident Saïed unterschreibt einen Kreditvertrag mit dem Internationalen Währungsfonds nicht. Immer mehr Menschen verlassen das Land. In Europa wächst die Sorge.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.