Parteienaffäre : Bayerns SPD in Aufruhr
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Eine einfache Spende oder Korruption? Gegen Joachim Wolbergs (SPD) wird ermittelt. Bild: dpa
Der Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs muss sich womöglich wegen Vorteilsnahme verantworten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach einem Anfangsverdacht.
Bayern ist seit Jahrzehnten eine sozialdemokratische Diaspora. Bescheidene Hoffnungen werden in dem Landesverband mit den Oberbürgermeistern verbunden, die sie in größeren bayerischen Städten stellt. Umso mehr ist die SPD in Aufruhr, seitdem bekannt ist, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs wegen des Vorwurfs der Vorteilsannahme ermittelt. Die Strafverfolger sehen Anhaltspunkte dafür, dass Wolbergs Spendengelder in einer Gesamthöhe von mehr 50.0000 Euro für seinen Ortsverein „Regensburg Stadtsüden“ von Immobilienunternehmen entgegengenommen habe. Die Staatsanwaltschaft hält es für möglich, dass Wolbergs dazu gebracht werden sollte, seinen Einfluss bei Bauvorhaben zugunsten der Spender geltend zu machen.
Es ist bislang nur ein Anfangsverdacht, dem die Staatsanwaltschaft aber mit großem Aufgebot nachgeht. Sieben Staatsanwälte und 69 Kriminalbeamte haben städtische Dienstzimmer sowie Privat- und Geschäftsräume durchsucht. Neben Wolbergs wird gegen drei Mitarbeiter von Immobilienunternehmen ermittelt, die gespendet haben sollen; sie stehen im Verdacht der Vorteilsgewährung. Nicht nur die angebliche Gesamthöhe der Spenden haben den Argwohn der Strafverfolger geweckt. Sie haben offenbar auch Hinweise darauf, dass die Spenden in Einzelbeträge von weniger als 10.000 Euro gestückelt wurden, um die Veröffentlichungspflichten des Parteiengesetzes zu umgehen.
Wiederholt Ärger um Grundstücksvergaben
Bemerkenswert ist, dass die Ermittlungen durch einen Hinweis des SPD-Landesschatzmeisters Thomas Goger ausgelöst wurden. Goger, der früher Vorsitzender der bayerischen Jungsozialisten war, ist selbst Staatsanwalt. Als Landesschatzmeister war er mit der Prüfung des Rechenschaftsberichts des Ortsvereins „Stadtsüden“ befasst – und gab seinen Regensburger Kollegen auf dem Dienstweg einen Hinweis, der in dem Ermittlungsverfahren mündete. Zu den Eigentümlichkeiten des Falles gehört, dass auf der Internetseite des Ortsvereins nur zwei Vorstandsmitglieder genannt werden – Wolbergs als Vorsitzender und seine Frau, von der er getrennt leben soll, als „Kassier“. Wolbergs weist die Vorwürfe, es sei bei den Finanzen in seinem Ortsverein nicht mit rechten Dingen zugegangen, vehement zurück. Dabei spricht er von sich in der dritten Person: „Der Oberbürgermeister ist nicht käuflich. Und es hat auch noch nie jemand versucht, den Oberbürgermeister zu kaufen.“
Der 45 Jahre alte Wolbergs ist seit Mai 2014 Oberbürgermeister in Regensburg. Seine Wahl, die eine langjährige CSU-Vorherrschaft im Rathaus beendete, wurde in der bayerischen SPD als Aufbruchssignal gesehen. Er galt als Exponent einer neuen, pragmatisch orientierten Führungsgeneration in der Partei. Sein Name wurde in einem Atemzug mit Dieter Reiter und Ulrich Maly, den SPD-Oberbürgermeistern in München und in Nürnberg, genannt – als Zeichen einer Erneuerung der bayerischen SPD, die eher von den Kommunen aus gelingen könne als von der Landesspitze aus mit dem glücklosen Landesvorsitzenden Florian Pronold und dem in der Bevölkerung wenig bekannten Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion Markus Rinderspacher.
In den vergangenen Jahren hatte es in Regensburg wiederholt Ärger um Grundstücksvergaben durch die Stadt an private Unternehmen gegeben. Unter anderem ging es um ein früheres Kasernengelände. Die CSU überzog Wolbergs mit einer Rechtsaufsichtsbeschwerde, die aber von der oberpfälzischen Bezirksregierung zurückgewiesen wurde.