
Liberté, Égalité, Parité?
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In den Brandenburger Landtag sollen künftig gleich viele männliche und weibliche Abgeordnete einziehen. Bild: ZB
Wenn sich Parität durchsetzt, verabschieden sich die deutschen Parlamente von der Vorstellung, die Abgeordneten müssten das „ganze Volk“ vertreten. Mit repräsentativer Demokratie hat das nicht mehr viel zu tun. Ein Kommentar.
Nach hundert Jahren Frauenwahlrecht stellt sich wieder die Frage: Muss in das Wahlrecht eingegriffen werden, um die Gleichstellung voranzubringen? Nur so könne verhindert werden, dass Frauen in Parlamenten unterrepräsentiert seien, argumentieren die Verfechter einer „Parität“. In manchen Bundesländern ist die Entwicklung schon weit fortgeschritten. Der Gesetzgeber will die Parteien dort dazu verpflichten, ihre Listen paritätisch zu besetzen. Paritätische Landtage werden daraus noch nicht. Dafür müsste auch die Kandidatenaufstellung in den Wahlkreisen neu geordnet werden, damit auch dort ein Mann und eine Frau gewählt werden. Gewählt werden könnte dann nicht mehr nach Gutdünken, sondern es würde zur Pflicht, paritätisch zu wählen. Bislang unterwarfen sich Parteien ihren eigenen, freiwilligen Regeln – die Wähler hatten immer noch die Wahl. Künftig wäre das nicht mehr so.
Dass es so einfach im Dreieck von Grundgesetz, Parteiengesetz und demokratischem Wahlrecht nicht ist, zeigt sich jetzt in Brandenburg. Dort sollen Ausnahmen für Parteien gelten, die sich zu Männer- oder Frauenparteien erklären, die also schon im Namen zeigen, dass sie bewusst einseitig Geschlechterinteressen vertreten. Je radikaler der Missstand bekämpft wird, der den herkömmlichen Parteien vorgeworfen wird, desto erlaubter ist also das Parteistatut, das ebendiesen Missstand kultiviert? Das ließe sich noch als kuriose Begleitmusik der Parité-Bewegung verstehen. Bedenklich aber ist deren Bild vom Abgeordneten und damit vom Parlament insgesamt.
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