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Jasper von Altenbockum (kum.)

Corona-Politik : Wo es absurd wird, sinkt die Akzeptanz

Auf Abstand? Angela Merkel und Jens Spahn im Bundestag Bild: dpa

Nicht, wenn die Maßnahmen zu hart sind, sondern wenn sie absurd werden, hat die Politik ein Problem. Fatal ist zudem der Eindruck, den die App-Debatte vermittelt: Dann kann es mit der Epidemie ja nicht so schlimm sein.

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          Je länger die Epidemie dauert, desto schwieriger wird es, die Verhältnismäßigkeit von harten Einschränkungen und vorsichtigen Lockerungen zu erklären. Es wird jedenfalls nicht reichen, wie Markus Söder einfach vor „überstürzten Aktionen“ zu warnen – außerdem: Welche der Maßnahmen war bislang „überstürzt“?

          Auch wird es nicht weiterhelfen, wenn die Bundesregierung einmal hü, dann wieder hott ruft – einmal verschiebt die Bundeskanzlerin Gespräche über weitere Lockerungen um eine Woche, am nächsten Tag legt der Bundesgesundheitsminister ein gutes Wort für Fitness-Studios ein.

          Mathematiker kämpfen da gegen Pragmatiker. Die Mathematiker, an ihrer Spitze Angela Merkel, vertrauen Formeln und Virologen, weniger den Leuten auf der Straße. Die Pragmatiker hingegen, an ihrer Spitze Armin Laschet (und jetzt anscheinend auch Jens Spahn), wollen Verhaltensregeln vorgeben und relativieren dafür die Gebote der Virologen gegenüber den Nöten des Volkes.

          Wo Abstand gewahrt und Hygiene eingehalten werden kann, so die Faustregel der Lockerungsbefürworter, sollten Beschränkungen zurückgenommen werden. Quadratmeterzahlen helfen dafür nicht weiter. Die haben dazu geführt, dass Einkaufszentren öffnen dürfen, die Kaufhäuser daneben aber geschlossen bleiben müssen.

          Andere Beispiele sind schnell gefunden. In Kitas zu spielen ist für ausgesuchte Kinder erlaubt, auf dem Spielplatz daneben ist es aber verboten. Wo es absurd wird, sinkt die Akzeptanz.

          Beide Gruppen, die Mathematiker und die Pragmatiker, finden aber gemeinsamen Grund im Bedürfnis, die Krankenhäuser für alle Fälle zu rüsten und die Infektionsketten zu durchbrechen. Daran könnte die Tracing-App einen wichtigen Anteil haben.

          Ob nun eine zentrale oder, wie Berlin jetzt entschieden hat, dezentrale Speicherung der Daten: Die Sorgen der Gesundheitsämter vor einer im Alltag mangelhaften App sollten nicht einfach als „naiv“ abgetan werden. Der Eindruck, den die Entwicklung der App vermittelt, wird dadurch ein fataler: Wenn dies und jenes nicht sein darf oder egal ist, kann es mit der Epidemie ja nicht so schlimm sein.

          Jasper von Altenbockum
          Verantwortlicher Redakteur für Innenpolitik.

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