
Politischer Aschermittwoch : Humorlose Tage
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Kann womöglich als einzige über sich selbst lachen: Annegret Kramp-Karrenbauer. Bild: Reuters
Wenn am Aschermittwoch über die Büttenreden noch einmal gerichtet wird, darf Satire schon lange nicht mehr alles. Annegret Kramp-Karrenbauer hatte also keinen leichten Stand – was ihr aber vielleicht gar nicht so unrecht ist.
Deutschland stehen humorlose Tage bevor. Witze über Doppelnamen? Über die Toilette für das dritte Geschlecht? Indianerkostüme? Alles nicht lustig. Wenn schon im Karneval die Witze politisch anständig sein müssen und am Aschermittwoch über die Büttenreden noch einmal zu Gericht gesessen wird, darf Satire schon lange nicht mehr alles. Da hilft es auch nicht, wenn Katarina Barley daran erinnert, dass im Fasching die Mächtigen aufs Korn genommen werden sollten, nicht die Minderheiten. Die Obrigkeit und deren Fußtruppen, die Spießer, waren es deshalb, die sich früher empörten. Und heute? Man wird nicht sagen können, dass Minderheiten die Machtlosen wären. Gemessen an den Mehrheiten am Aschermittwoch, die denen in den meisten Parlamenten in Deutschland entsprechen dürften, muss man sagen: Es hat sich nichts geändert. Empört sind die Obrigkeit und deren Spießer, nur nennt man das heute „kulturelle Hegemonie“.
Annegret Kramp-Karrenbauer hatte also auch am Mittwoch keinen leichten Stand. Was ihr aber vielleicht gar nicht so unrecht ist. Sie steht als die Einzige da, die vielleicht auch mal über sich selbst lachen kann. Und der eine oder andere, der das politische Leben im Deutschland der großen Koalitionen nur noch mit Humor ertragen kann, wird vielleicht wieder zurück zur CDU finden. Markus Söder machte dazu einen ungleich bemühteren Anlauf, demonstrativ im Dreitagebart (ja, ist schon wieder Fasching?), weil er meinte, Robert Habeck nur so als echtes Mannsbild gegenübertreten zu können. Die verbale Prügel, die Söder den Grünen verpasste, sollte wohl heißen: Die Hoffnung, AfD-Wähler zurückzugewinnen, ist nicht ganz so groß wie die Furcht vor einem dauerhaften Grünen-Aufschwung.
Doch eigentlich galt dieser Aschermittwoch der Europapolitik. Angesichts der Reden sind die Aussichten auf einen geistreichen Europa-Wahlkampf nicht gerade rosig. Die CSU war sichtlich bemüht, mit Manfred Weber an der Spitze in eine möglichst Brüssel-unkritische Kampagne zu gehen. Ansonsten lautete der Refrain landauf landab: Wir Europäer gegen die Anderen, die Anti-Europäer. Das ist griffig, funktioniert aber für CDU und CSU schon nicht mehr, wenn der Name Viktor Orbán fällt. Ein anderer Name, der gestern angeblich noch ganz Europa und die westliche Welt zusammenhielt, war an diesem Tag gar nicht mehr zu hören: Angela Merkel. Sie wird es mit Humor nehmen.