
AfD und Brandenburg : Kenia oder die Wahrheit
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Der wiedergewählte Ministerpräsident Dietmar Woidke nach der Übergabe der Ernennungsurkunden in Potsdam Bild: dpa
Solange die AfD sich als deutsche Miniatur Donald Trumps in Szene setzt, haben die anderen Parteien keine andere Wahl: Sie müssen zusammenhalten. Wie in Brandenburg.
Auch über den Vereinbarungen der „Kenia“ genannten Koalition in Brandenburg prangt das Etikett „Zusammenhalt“. Bislang setzte das Wort ein Zeichen gegen Polarisierung und die grassierende Unkultur in einer sich verflüchtigenden bürgerlichen Öffentlichkeit. Doch je öfter der „Zusammenhalt“ in Koalitionsverträgen beschworen wird, desto klarer richtet er sich doch einzig gegen die Partei, die alle anderen dazu zwingt, Bündnisse einzugehen, die noch vor kurzem ins Reich politischer Fantasy gehörten. In Brandenburg ist diese Partei, die AfD, hinter der SPD mit großem Abstand zur CDU die zweitstärkste Partei geworden. Zusammenhalt heißt seither: Wir müssen zusammenhalten.
Von der AfD wird diese Konstellation, die vorerst wohl besser als Schlachtordnung zu bezeichnen ist, als Blockbildung denunziert werden. Die Absicht ist klar. Damit soll die Bundesrepublik in eine Reihe mit der DDR gestellt, die demokratischen Parteien sollen als Vollstrecker der kommunistischen Einheitspartei verleumdet werden. Wer den Alltag in den Parlamenten verfolgt, mag vielleicht nicht die heroischen Gefühle entwickeln, nach denen sich AfD-Ideologen sehnen. Genau darin liegt aber der Unterschied zu Volkskammer und SED-Diktatur, die im Wählerwillen eine glorreiche Wahrheit vermuteten und deshalb irgendwann ganz darauf verzichteten, ihn ehrlich zu ermitteln.
Denn um die Wahrheit zu kennen, braucht es keine Wahlen. Die Unkultur stand damals im Zeichen der „Prawda“, heute kehrt sie als „Mut zur Wahrheit“ wieder. Die Gefahr, die darin besteht, will die AfD-Führung in Potsdam oder Berlin bislang nicht wahrhaben; im Gegenteil, aufschlussreich war ihre Fanatisierung kürzlich zu besichtigen nach der Abwahl Stephan Brandners als Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag.
Für die zusammenhaltenden Parteien ist die Haltung der AfD, im Bundestag oder in Länderparlamenten einen kultivierten parlamentarischen Ehrgeiz zu verweigern, stattdessen in die Fußstapfen Donald Trumps zu treten, eine ernüchternde Erkenntnis. Denn Regieren wird dadurch auf Dauer nicht leichter. Sie spielen damit in gewisser Weise der AfD auch noch in die Hände. Sie sollten sich aber nicht beirren lassen. Solange die AfD Opposition mit politischer Wahrheitssuche verwechselt, haben sie keine andere Wahl.
