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Kommentar : Die notwendige Alternative

FDP-Dreigestirn: Christian Lindner (l.), Katja Suding und Wolfgang Kubicki Bild: dpa

Wir leben in einer Gesellschaft, in der sich einschnürende Beschränkungen und Gleichmachereien ausbreiten - vom Wohlfahrtsstaat bis zur Energiewende. Es fehlt ein Korrektiv. Deswegen hat die FDP ihren Platz in der deutschen Parteienlandschaft, es braucht eine Partei der Freiheit.

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          Die FDP feiert Wiederauferstehung - das ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, in welchem Abgrund sich die Partei noch vor wenigen Monaten befand. Nicht wenige hatten die Freien Demokraten schon ganz abgeschrieben. Und auch dafür gab es Gründe: Die FDP war abgewirtschaftet aus dem Bundestag gewählt worden (nach einem Traumergebnis zuvor), und mit der AfD zog eine neue Kraft gleichsam aus dem Stand in mehrere Landtage und in das Europäische Parlament ein.

          Doch jetzt zeigt sich, dass auch die neu formierte FDP weiterhin als Alternative in Deutschland gesehen wird. Ein gewisser Spaßfaktor ist ihr auch in der Post-Brüderle-Dirndl-Ära nicht fremd - aber eine erfolgreiche Partei ohne jede Showeinlage muss erst noch erfunden werden, drei Engel hin, drei Engel her. Es ist womöglich kein Zufall, dass eine liberale Partei es schwerer hat als die anderen, gerade weil sie die Freiheit in den Blick nimmt. Die Volksparteien, oder das, was von ihnen noch übrig ist, sind die großen Vollkasko-Versorger, die das Land ruhig stellen. Es braucht aber eine Partei der Freiheit, um auch den Schwachen Mut zu machen. Sehen die anderen in der Insolvenz eines Konzerns oder eines Staates stets eine Katastrophe, die es um jeden Preis, also auf Kosten der Allgemeinheit, zu vermeiden gelte, so erblicken Liberale darin die Chance zum Neubeginn.

          Die Aufgabe des Staates ist es nicht, seine Bürger zu entmündigen, sondern Freiheit möglich zu machen. Eine Partei, die das beherzigt und zu Ende denkt, die nicht Klientel-Politik macht und deshalb als beliebig wahrgenommen wird, wie früher oft die FDP, die hat ihren Platz im beweglich gewordenen deutschen Parteienspektrum. Sie muss nur aufpassen, dass sie sich nicht im Kampf gegen Vater Staat verrennt. Er ist im Kampf gegen den internationalen Terrorismus und in Zeiten allmächtiger Internet-Giganten nicht das absolut Böse. Zwar leben wir in einer der freiesten aller Gesellschaften, aber auch in einer, in der sich einschnürende Beschränkungen und Gleichmachereien ausbreiten - vom Wohlfahrtsstaat bis zur Energiewende. Es fehlt ein Korrektiv. Weder die fast schon vergessenen Piraten noch die zerrissene AfD bieten hier Antworten, und die etablierten Grünen und Linken sind auch nicht gerade Bannerträger der Freiheit. Hier liegt eine Chance.

          Reinhard Müller
          Verantwortlicher Redakteur für „Zeitgeschehen“ und F.A.Z. Einspruch, zuständig für „Staat und Recht“.

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