
Sturz der Generalsekretärin : Lindners Sündenbock
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Er brauche in seinem Amt mehr Hilfe und Unterstützung, sagt der FDP-Vorsitzende Christian Lindner – die erhofft er sich von der bisherigen Generalsekretärin Linda Teuteberg offenkundig nicht mehr. Bild: Picture-Alliance
Die FDP sucht verzweifelt einen Weg, ihre Regierungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Da ist der Vorsitzende nicht nur Teil der Lösung, sondern auch Teil des Problems.
Es knirscht schon lange im Gebälk der FDP-Führung. Die Serie verlorener Landtagswahlen, das Schattendasein in der Corona-Krise und der Dauervorwurf, die Liberalen bestünden nur aus einer einsamen Spitze, lasten schwer auf der Partei und ihrem Vorsitzenden. Untermalt wird die triste Lage noch immer vom Thüringer Fiasko um Thomas Kemmerich, der mit AfD-Hilfe regieren wollte und damit die Parteiführung der Lächerlichkeit preisgab.
Das wird die FDP verfolgen bis zur Thüringen-Wahl fünf Monate vor der Bundestagswahl. Wenn der gewürgte Sturz Linda Teutebergs, der Generalsekretärin aus Ostdeutschland, nicht gerade ins Bilderbuch stilvoller Erneuerung gehört, ist das Ausdruck der Nervosität, die sich daraus ergibt.
Lindner erklärte die Trennung von Teuteberg damit, dass sich die FDP angesichts der Corona-Krise neue thematische Schwerpunkte setze. Damit meinte er offenbar die Wirtschaftspolitik – ein naheliegender, nicht gerade origineller Gedanke für einen FDP-Vorsitzenden. Aber neu?
Teutebergs Leib- und Magenthema ist die Wirtschaftspolitik nicht. Rechtfertigt das die Auswechslung der Generalsekretärin? Der wahre Grund ist wohl der, dass ihr der Instinkt für das Management und die Öffentlichkeit der Partei fehlte. Lindner suchte händeringend nach neuen Impulsgebern, um nicht zu sagen: nach einem Sündenbock.
Zwei Botschaften gehen von dem designierten Nachfolger aus. Volker Wissing ist Finanz- und Wirtschaftspolitiker, der sich schon gegen Peer Steinbrück profilierte. Die zweite Botschaft heißt: Wir wollen regieren. Wissing ist Minister der Ampelkoalition in Rheinland-Pfalz und will das auch als FDP-Generalsekretär bleiben. Das ist verwunderlich, bietet aber die Gelegenheit, von Lindners Jamaika-Todesurteil abzulenken, die FDP wolle lieber gar nicht als schlecht regieren.
Die Überlebenschancen der FDP haften an einer ganz anderen Weisheit: Die FDP muss regieren, um das Schlechte zum Guten zu korrigieren. Nicht die erste Reihe, sondern die zweite, die regierende Mannschaft der FDP steht dafür. Solange das so ist, bleibt Lindner, die einsame Spitze in Berlin, nicht nur Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.