Kraftwerke, die nach Kohle schreien
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Hier wird der Hunger der Industrie gestillt: der Sächsische Tagebau Nochten. Bild: picture alliance
Der Kohleausstieg ist beschlossen, aber die Braunkohlekraftwerke in der Lausitz haben plötzlich Hochkonjunktur. Die Mitarbeiter wollen vor allem wissen, wie es weitergeht.
Es ist kurz nach fünf Uhr morgens, als sich der schwere Mannschaftstransportwagen in der Dunkelheit vorankämpft. Durch tiefen Schlamm bringt er zwei Dutzend Frauen und Männer aus der Frühschicht in den Tagebau Nochten in der Lausitz. Erster Halt ist an der Förderbrücke F60, einem 13.000 Tonnen schweren Stahlungetüm, das den Abraum über dem Braunkohleflöz beseitigt. Die Brücke gilt als weltweit größte Tagebaumaschine und ist seit 50 Jahren in Betrieb, berichtet die Belegschaft nicht ohne Stolz. Drei steile Gittertreppen hinauf geht es zu Petra Sobania, die in einer Art Überwachungsraum steht. „Das ist der Leitstand“, sagt sie. „Hier laufen alle Nerven der Brücke zusammen.“ Auf sechs Monitoren vor ihr hat sie alle Systeme der Brücke im Blick, die Bildschirme darüber zeigen Livebilder der Förderbänder, über die der Abraum abgesetzt wird.
Sobania stammt aus Hoyerswerda und arbeitet seit 40 Jahren „in der Kohle“. In der DDR hat sie Maschinistin für Tagebaugroßgeräte gelernt und sich bis zur Leitstandfahrerin hinaufgearbeitet. Unter ihrer Brücke, in achtzig Meter Tiefe, stehen die im Vergleich klein wirkenden, aber immer noch mächtigen Braunkohlebagger. In der Dunkelheit sehen sie aus wie beleuchtete Dinosaurier, die das rund zwölf Meter dicke Flöz sowohl oben als auch unten abknabbern. Die Kohle landet dann auf einem nicht minder großen Förderband, das sie über mehrere Kilometer hinweg zum Kraftwerk Boxberg schafft. Dessen Hunger ist im vergangenen Jahr plötzlich sehr groß geworden.
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