Koalitionsverhandlungen : Schwarz-Rot einig über Finanztransaktionssteuer
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Martin Schulz, Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel (von links) am Montag in Berlin Bild: AFP
Die Unterhändler von Union und SPD sind sich einig, dass die Finanztransaktionssteuer rasch kommen soll. Finanzminister Schäuble verabschiedet sich derweil offenbar von dem Ziel, 2015 mit dem Schuldenabbau zu beginnen.
Union und SPD haben in ihren Fachgesprächen zur Bildung einer neuen Regierung erste Ergebnisse in der Europapolitik erzielt. „Wir haben uns geeinigt, dass wir die Finanztransaktionssteuer durchsetzen wollen“, sagte SPD-Verhandlungsführer Martin Schulz nach rund vierstündigen Beratungen der Unterarbeitsgruppe Europa und Bankenregulierung am Montagabend in Berlin. Der CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul äußerte: „Das ist Konsens.“
Angestrebt werde ein niedriger Steuersatz bei einer gleichzeitig breiten Bemessungsgrundlage, hieß es. Deutschland und zehn weitere EU-Länder waren grundsätzlich für die umstrittene Abgabe auf Börsengeschäfte. Die Verhandlungen in Brüssel stocken aber seit langem. Grund dafür sind auch rechtliche Bedenken.
Bei der Bankenregulierung und der weiteren Euro-Politik wollen Union und SPD noch am Montag Grundpositionen erarbeiten, sagte der Verhandlungsführer der Union für den Bereich Banken, Reul, der deutschen Presse-Agentur. So erwarte die große Koalitionsrunde mit den Parteispitzen für ihre Sitzung an diesem Mittwoch Vorlagen. Es gebe keine größeren Differenzen, verlautete aus Verhandlungskreisen. Die Sparkassen warnten vor den negativen Folgen für Kleinsparer durch eine Steuer auf Finanzgeschäfte.
Streit über Steuererhöhungen
Der amtierende Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verabschiedet sich unterdessen offensichtlich von dem Ziel, 2015 mit dem Abbau von Schulden zu beginnen. Das Ministerium verwies zwar auf den angestrebten dauerhaften Verzicht auf neue Kredite. Priorität soll aber die Schuldenquote gemessen an der Wirtschaftsleistung haben. Das ist ein Hinweis auf eine Lockerung des Sparkurses.
SPD-Politiker von Bund und Ländern hatten vor den Verhandlungen betont, die Union müsse mögliche Verteilungsspielräume offenlegen. Fraktionsvize Joachim Poß sagte, einen allgemeinen Finanzierungsvorbehalt für Maßnahmen werde seine Partei nicht akzeptieren können: „Für die Dinge, die uns wichtig sind, wie zum Beispiel die Finanzierung der Infrastruktur, werden wir schon einen hohen Grad an Verbindlichkeit einfordern müssen.“ Ähnlich äußerten sich die SPD-Finanzminister von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, Norbert Walter-Borjans und Carsten Kühl. Ob auf Steuererhöhungen verzichtet werden könne, werde sich zeigen. Walter-Borjans sagte nach der ersten Gesprächsrunde: „Es ist vieles auf dem Tisch, es ist nichts vom Tisch.“
Der finanzielle Spielraum für eine schwarz-rote Koalition könnte sich vergrößern, da die Steuereinnahmen dank der Konjunktur höher ausfallen dürften als zuletzt geschätzt. Bisher hat Schäuble im Bundesetat bis 2017 Überschüsse von insgesamt 15 Milliarden Euro unterstellt. Nach dem Entwurf für den Finanzplan will der Bund 2015 ohne neue Schulden auskommen - erstmals seit 1969. Dann wollte er auch mit dem Schuldenabbau beginnen.
Schäuble wollte in den Koalitionsverhandlungen einen dauerhaften Verzicht auf neue Schulden sowie eine Absage an Steuererhöhungen erreichen. In einem Interview hatte er auch angedeutet, dass eine niedrigere Schuldenquote Vorrang habe. Schäubles Sprecher Martin Kotthaus sagte dazu: „Das ist die maßgebliche Größe um zu beurteilen, wie gut steht ein Staat da.“ Auch die Kreditwürdigkeit eines Landes orientiere sich daran. Über die Verwendung der ab 2015 erwarteten Überschüsse entscheide letztlich das künftige Regierungsbündnis.