
Kirchen und Corona : Schicksalsfragen in Zeiten der Pandemie
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Gottesdienst am Sonntag in Winterbach im Remstal in Baden-Württemberg. Bild: dpa
Angesichts der Bilder von Kirchenräumen voller Särge steht jedes biblische Deutungsangebot unter dem Vorbehalt der Bagatellisierung. Gottesrede gerät an die Grenzen von Verstand und Gefühl.
Nichts könnte die Gegenläufigkeit von christlicher Religion und der Dynamik einer sich mit Naturgewalt bahnbrechenden Pandemie stärker illustrieren als der Name des gestrigen vierten Fasten- oder Passionssonntags. Traditionell markiert der Sonntag „Laetare“ („Freue Dich“) die Mitte der österlichen Bußzeit, symbolisiert in einem zarten Rosa anstelle des strengen Violetts der liturgischen Gewänder. Doch angesichts dessen, was in Italien und Spanien längst Realität ist und vielen anderen Staaten, darunter auch Deutschland, noch bevorstehen könnte, kann niemandem nach vorösterlicher Freude zumute sein.
Angesichts der Bilder von Kirchenräumen voller Särge, um die sich keine Gemeinde mehr scharen darf, um den geliebten Menschen das letzte Geleit zu geben, steht jedes biblische Deutungsangebot unter dem Vorbehalt der Bagatellisierung. Mehr noch: Die Gottesrede selbst stößt an die Grenzen des Gefühls wie des Verstandes. Und das wohl nicht nur im Christentum.
Auch Moschee- und Synagogengemeinden erleben Auflösungserscheinungen gemeinsam erlebter Religiosität, für die die Überlieferung mutmaßlich keine Sinnhorizonte bereithält. So dürfte es auch zu den Fragen dieser Tage gehören, ob und wie die Pandemie womöglich die Transzendenzvorstellungen der Menschheit verändert. Für Antworten ist es aber viel zu früh. Das liturgische Osterfest ist in drei Wochen. Der Karfreitag wird es überdauern.