Bundesverfassungsgericht : Gesetz zu Kinderehen teils verfassungswidrig
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Demonstration gegen die Kinderehe im Libanon 2019 Bild: EPA
Das Bundesverfassungsgericht billigt zwar, dass Kinderehen nichtig sind. Es verlangt aber Nachbesserungen, unter anderem in Bezug auf den Unterhalt.
Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch bekannt gegeben, dass der Bundestag das 2017 von der großen Koalition beschlossene Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen nachbessern muss. Das Gesetz erklärt im Ausland geschlossene Ehen in Deutschland für unwirksam, sofern einer der Ehepartner am Hochzeitstag jünger als 16 Jahre war.
Die Karlsruher Richter schreiben in ihrem Beschluss, der Bundestag könne zum Schutz Minderjähriger eine solche Regelung grundsätzlich treffen. Entscheide er sich dafür, müsse er aber normieren, wie die finanziellen Folgen für die Eheleute untereinander auszugleichen seien. Im Gesetz ist dies bislang nicht vorgesehen. Karlsruhe ordnete deshalb an, in solchen Fällen nun übergangsweise Unterhaltsregeln aus dem Familienrecht anzuwenden.
Die Verfassungsrichter verlangen außerdem, dass eine im Ausland geschlossene und aufgrund des deutschen Gesetzes für unwirksam erklärte Ehe unkompliziert fortgesetzt werden kann, sobald beide Eheleute volljährig sind. Bisher haben betroffene Paare lediglich die Möglichkeit, abermals zu heiraten. Das greift aus Sicht der Karlsruher Richter zu stark in deren Ehefreiheit ein. Der Bundestag muss das Gesetz an diesem Punkt – ebenso wie bezüglich des Unterhalts – bis spätestens Juni 2024 ergänzen.
Anlass für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war eine Vorlage des Bundesgerichtshofs. Das höchste deutsche Zivilgericht hatte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes gegen Kinderehen angemeldet, nachdem es mit dem Fall eines syrischen Paars befasst war, dessen Ehe das Gesetz für unwirksam erklärt hatte.
Bis 1975 erlaubte das Bürgerliche Gesetzbuch Frauen, unter bestimmten Voraussetzungen vor ihrem 16. Geburtstag zu heiraten. Die Karlsruher Richter stellten klar, dass eine solche Bestimmung nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Dem Gesetzgeber sei aber erlaubt, aufgrund des Minderjährigenschutzes und mit Blick auf internationale Verpflichtungen die zivilrechtliche Wirksamkeit der Ehe an pauschale Altersgrenzen zu knüpfen. Der Staat müsse die Reife der Eheleute nicht in jedem Einzelfall prüfen.