Katholische Kirche : Milliarden-Deckungslücke wächst weiter
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Katholische Bischöfe: Wie soll die kirchliche Rentenkasse saniert werden? Bild: dpa
Die katholischen Bischöfe beraten an diesem Montag über die Sanierung der kirchlichen Rentenkasse. Der Druck ist groß, denn der Fehlbetrag in der Bilanz der „Kirchlichen Zusatzversorgungskasse“ wird immer größer.
Die Deckungslücke in der Bilanz der „Kirchlichen Zusatzversorgungskasse“ des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) wächst weiter. Das Jahr 2014 war, wie diese Zeitung in der vergangenen Woche berichtet hatte, mit einer Bilanzsumme von 22,58 Milliarden Euro abgeschlossen worden, die einen versicherungsmathematisch errechneten Fehlbetrag von 5,5 Milliarden Euro enthielt. Am kommenden Montag beraten die 27 Diözesanbischöfe in Würzburg über einen Sanierungsplan, aus dem hervorgeht, dass sich überdies das Anlagevermögen der Kasse in Höhe von annähernd 17 Milliarden Euro um fast 1,4 Milliarden Euro verringert.
Im vergangenen Dezember hatte der Bundesgerichtshof in einem Revisionsverfahren entschieden, dass die „Kirchliche Zusatzversorgungskasse“ (KZVK) ein seit 2002 erhobenes „Sanierungsgeld“ unrechtmäßig erhoben hatte. Dieser Zusatzbeitrag war satzungsgemäß festgesetzt worden, um die Rentenanwartschaften auszufinanzieren, die vor der Umstellung vom umlagefinanzierten Abschnittsdeckungs- auf ein kapitalgedecktes Beitragssystem erworben worden waren – offenbar, wie sich nach Jahren herausstellte, ohne hinreichende Rechtsgrundlage. In der Zwischenzeit hatte die Kasse, die mittlerweile 1,1 Millionen Pflichtversicherte und annähernd 150000 Rentenempfänger aus dem Raum der verfassten Kirche und der Caritas zählt, auf diesem Weg 1,12 Milliarden Euro eingenommen. Diese Summe soll im Laufe dieses Jahres zurückgezahlt werden, und zwar allen Beteiligten einschließlich der Zinsen in Höhe von etwa 263 Millionen Euro.
Die Erstattung des Sanierungsgeldes erfolgt aus dem Anlagevermögen der KZVK, das derzeit etwa 16 Milliarden Euro beträgt. Die Deckungslücke in jenem Abrechnungsverbund, in dem die vor 2002 erworbenen Anwartschaften zusammengefasst sind, wächst damit auf etwa vier Milliarden Euro. Die „dauerhafte Erfüllbarkeit“ dieser Ansprüche sei nunmehr „nicht gegeben“, heißt es in einer Vorlage des Vorstands der KZVK für die Bischöfe. Die Kasse will daher noch in diesem Jahr damit beginnen, die Deckungslücke durch ein sogenanntes „Finanzierungsgeld“ zu schließen.
Indes wird befürchtet, dass diese Festsetzung zusätzlicher Beiträge wie schon die Erhebung des Sanierungsgeldes von der einen oder anderen kirchlichen Einrichtung vor Gericht angefochten wird. „Wenn nicht gezahlt würde, hätte dies natürlich Auswirkungen auf den Umfang und die Schließung der Deckungslücke“, heißt es sibyllinisch in den Informationen, die den Bischöfen zugänglich gemacht werden. Der Vorstandsvorsitzende der Kasse, Michael Klass, versicherte indes nach dem Erscheinen des ersten Beitrags dieser Zeitung, die Kasse habe „über Jahrzehnte hinweg kein Problem“ gehabt „..., ihren Rentenzahlungsverpflichtungen nachzukommen. Die jährlichen Beitragseinnahmen übersteigen die Aufwendungen für Versicherungsfälle deutlich“. Die Auszahlung von Renten sei daher zu keinem Zeitpunkt gefährdet.
Die Eintreibung eines neuen Beitrags ist nur ein Element einer umfassenden Strategie zur Sanierung der KZVK, die von den Bischöfen gegründet worden war, um die Zusatzrente der Dienstgeber zu finanzieren. Wie diese Zeitung in der vergangenen Woche berichtet hat, steigt der Beitrag der kirchlichen und caritativen Unternehmen von derzeit 4,8 Prozent des Bruttolohnes bis zum Jahr 2024 auf 7,1 Prozent. Die 1974 eingeführte obligatorische Zusatzversorgung zeigt damit immer stärker ihr Doppelgesicht. Einerseits ist sie heute mehr denn je ein Element zur Vorsorge gegen Altersarmut sowie ein Argument zugunsten einer Beschäftigung bei einem kirchlichen Arbeitgeber, wie es beim Deutschen Caritas-Verband in Freiburg heißt. Andererseits sind die damit verbundenen Aufwendungen vor allem für diejenigen Einrichtungen eine Belastung, die im Wettbewerb mit privaten Anbietern stehen.
Künftig Aufsichtsrat nach deutschem Aktienrecht?
Breiten Raum in den Unterlagen der Bischöfe nehmen Vorschläge für eine neue Organ- und Aufsichtsstruktur ein. Anstelle des von Dienstgebern und Dienstnehmern paritätisch besetzten Verwaltungsrates soll der Vorstand künftig von einem Aufsichtsrat überwacht werden, der sich – so die Darstellung – grundsätzlich am deutschen Aktienrecht orientiert. Allerdings sollen dem Aufsichtsrat – wie bisher dem Verwaltungsrat – ausschließlich Vertreter der Dienstgeber und Dienstnehmer angehören. Die Aufsicht des VDD über die KZVK und die Überwachung des Geschäftsbetriebes hingegen soll künftig eine sogenannte Verbandsaufsicht wahrnehmen. Dieses Gremium soll aus mindestens vier Personen bestehen, von denen einer hauptamtlich tätig sein soll. Alle Mitglieder der Verbandsaufsicht sollen über besondere Kenntnisse sowie praktische Erfahrungen im Bank-, Versicherungs- oder Finanzwesen verfügen sowie die entsprechenden formalen Qualifikationen vorweisen können. Ein vergleichbares Gremium gab es bislang nicht.
Über diese und alle anderen Sanierungsvorschläge sollen die Bischöfe bis Ende dieses Jahres befinden. Gesteuert wird dieser Entscheidungsprozess im Rahmen eines „Koordinations- und Kommunikationsprozesses“, in dem der VDD von der Unternehmensberatung KPMG unterstützt wird. Alle Fäden dieses Prozesses sollen in einem sogenannten Lenkungsausschuss zusammenlaufen. Zudem soll ein Beirat aus Repräsentanten der Dienstnehmer und der Dienstgeber eingerichtet werden, der bis zum Ablauf des Projektes vier Mal für zwei Stunden zusammentritt. Der Lenkungsausschuss wiederum ist so konzipiert, dass außer den externen Beratern im Wesentlichen diejenigen Personen zusammensitzen, die die Entwicklung der vergangenen Jahre zu verantworten haben. Die Generalvikare und Finanzdirektoren der Diözesen sind in diesen Prozess bestenfalls mittelbar einbezogen. Entsprechend geteilt sind die Meinungen darüber, ob es klug ist, die Sanierung der Kasse ohne externen Sachverstand in Angriff zu nehmen. Manche Einschätzungen fallen in der Wortwahl mittlerweile so drastisch aus, dass sie nicht zitierfähig sind.