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Katalonien : Puigdemont bleibt auf freiem Fuß

Derzeit in Berlin: Carles Puigdemont Bild: dpa

Der ehemalige katalanische Regierungschef Carles Puigdemont wird nicht wieder in Auslieferungshaft genommen. Einen entsprechenden Antrag der Generalstaatsanwaltschaft lehnte das Oberlandesgericht Schleswig ab.

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          Der spanische Anwalt von Carles Puigdemont zeigt sich wenig beunruhigt. „Immer mit der Ruhe“, schrieb Jaume Alonso-Cuevillas am Dienstagmittag auf Twitter: Die Staatsanwaltschaft plädiere, die Richter entschieden. Es sei nicht ungewöhnlich, dass die Anklagebehörde sich den Argumenten der staatlichen Seite anschließe, sagte der Anwalt des ehemaligen katalanischen Regionalpräsidenten. Wie Jaume Alonso-Cuevillas hoffen auch viele Anhänger Puigdemonts, dass die deutschen Richter am Ende so entscheiden wie ihre belgischen Kollegen.

          Hans-Christian Rößler
          Politischer Korrespondent für die Iberische Halbinsel und den Maghreb mit Sitz in Madrid.

          In Brüssel hatten die Justizbehörden am vergangenen Mittwoch den EU-Haftbefehl gegen die drei ehemaligen katalanischen Regierungsmitglieder abgelehnt, die im vergangenen Jahr mit Puigdemont in die belgische Hauptstadt geflohen waren. Als Grund wurde ein juristischer Formfehler genannt: Neben dem EU-Haftbefehl lag aus Sicht der belgischen Justiz kein entsprechender nationaler Haftbefehl in Spanien vor. Auch die schottische und die Schweizer Justiz gaben spanischen Auslieferungsanträgen bisher nicht statt. Alle wegen Rebellion angeklagten Katalanen, die sich im Ausland aufhalten, befinden sich wie Puigdemont weiterhin auf freiem Fuß.

          Puigdemont war am 25. März auf dem Rückweg von einer Konferenz in Finnland von der deutschen Polizei hinter der dänischen Grenze festgenommen und zunächst inhaftiert worden. Am 5. April ließ ihn das das Oberlandesgericht unter Auflagen frei, nachdem die deutschen Richter den spanischen Vorwurf der Rebellion als „von vorneherein unzulässig“ erklärt hatten. Seitdem hält sich Puigdemont in Berlin auf, wo er öffentlich politisch weniger in Erscheinung trat als zuvor in Brüssel. Hinter den Kulissen spielt er in der katalanischen Politik jedoch eine wichtige Rolle. So wählte er seinen Nachfolger Quim Torra aus, der ihn vor einer Woche sofort in Berlin besuchte. Eine Inhaftierung würde Puigdemonts politische Aktivitäten deutlich erschweren. Er will als „Präsident“ einer Art Exilregierung die Unabhängigkeit Kataloniens vorantreiben.

          Schwierige Suche nach Beweisen

          Nachdem die Richter des Oberlandesgerichts den Vorwurf der Rebellion nicht anerkannt hatten, gab es heftige Kritik aus Madrid. Besonders eine Äußerung von Bundesjustizministerin Katarina Barley. Sie war aus einem Hintergrundgespräch mit den Worten zitiert worden, sie halte es für richtig, Puigdemont nicht wegen Rebellion auszuliefern. Der Oberste Gerichtshof in Madrid übergab daraufhin – unter anderem bei einem Treffen mit deutschen Vertretern im Arpil in Dan Haag – zusätzliches Material, das belegen soll, dass die Befürworter der Unabhängigkeit gewaltsam vorgingen.

          Die deutsche Generalstaatsanwaltschaft nahm in ihrem jüngsten Antrag, Puigdemont wieder in Auslieferungshaft zu nehmen, besonders auf Videoaufnahmen aus Katalonien Bezug, die Gewalt gegen spanische Polizisten zeigten. Das Ausmaß der Ausschreitungen war so groß, dass Puigdemont wegen Rebellion auszuliefern sei. Nach deutschem Recht käme nicht nur eine Strafbarkeit wegen Hochverrats, sondern auch wegen Landfriedensbruchs in einem besonders schweren Fall in Betracht. Der Strafsenat lehnte es jedoch ab, Puigdemont wegen erhöhter Fluchtgefahr wieder in Haft zu nehmen. Nun bereitet die Generalstaatsanwaltschaft einen weiteren Antrag vor, die Auslieferung Puigdemonts für zulässig zu erklären. Darüber muss das Oberlandesgericht entscheiden.

          Die Richter in Schleswig hatten in ihrem ersten Beschluss im April die Intensität der Gewalt in den Tagen des Referendums über die katalanische Unabhängigkeit nicht für ausreichend gehalten, um damit den Tatbestand der Rebellion zu rechtfertigen. Bis das neue Beweismaterial aus Spanien eintraf, konzentrierten sich das deutsche Gericht dann auf den Vorwurf der Veruntreuung, den der Oberste Gerichtshof in Madrid als weiteren Auslieferungsgrund genannt hatte. Puigdemont wird vorgeworfen, mehr als 1,6 Millionen Euro an Steuergeldern für die vom spanischen Verfassungsgericht für die für illegal erklärte Volksabstimmung verwendet zu haben. Doch selbst die spanischen Ermittler tun sich bisher schwer, die endgültigen Beweise vorzulegen.

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