Karl-Theodor zu Guttenberg : Der unheimliche Freiherr
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Bild: Greser&Lenz
In der oberfränkischen CSU wird über Karl-Theodor zu Guttenberg und seine Motive gerätselt. Noch ist die Tür offen für ihn, aber das Misstrauen in der Partei sitzt tief.
Fast könnte man glauben, es liege ein Fluch über dem Bundestagswahlkreis Kulmbach in Oberfranken. 1990 bis 2002 hieß der gewählte Abgeordnete Bernd Protzner. Zeitweilig war er CSU-Generalsekretär - und hatte damit den Marschallstab im Tornister, sprich die Aussicht, früher oder später ein schmuckes Ministerzimmer zu beziehen. Doch Protzners politische Laufbahn endete in den Turbulenzen eines Steuerstrafverfahrens. Auf Protzner folgte Karl-Theodor zu Guttenberg. Auch er war zeitweilig CSU-Generalsekretär; auch er stolperte - schon in Ministerhöhen, die Protzner nicht mehr erreichte - über juristische Fallstricke, wenn auch nicht des Steuerrechts, sondern des Promotions- und Urheberrechts.
Protzner hat sich nach 2002 aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen. Er leitet jetzt den "Career Service" der Universität Bayreuth. Zu seinen Aufgaben gehört Beistand zum "Selbstmanagement"; in dieser Hinsicht hätte er in dem Promovenden Guttenberg, der angibt, beim Verfassen seiner Dissertation an mangelnder Selbstorganisation gescheitert zu sein, einen idealen Kunden gehabt. Guttenberg hat sich auch wieder der Universität Bayreuth zugewandt, die ihm in einem ersten Schritt den Doktorgrad aberkannt, in einem zweiten Schritt eine vorsätzliche Täuschung zur Last gelegt hat. Er hält seiner einstigen Alma Mater vor, dass in der Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft", die sich mit seiner Arbeit befasste, nicht genügend juristischer Sachverstand vorhanden gewesen sei. Die Universität sei in dieser Sache nicht unabhängig, sondern "immer Partei" gewesen, behauptet Guttenberg.
Ein Leben ohne Mandat?
Ob Guttenbergs politische Vita wie diejenige Protzners enden wird, in einem Leben ohne Mandat und öffentliche Ämter, ist trotz dieser freiherrlichen Tiraden, die auch ihm früher Zugewandte in der CSU den Kopf schütteln lässt, noch nicht ausgemacht. Guttenberg ist ein anderer politischer Phänotypus als Protzner, allerdings auch wieder nicht so verschieden, wie er gerne glauben macht. Am Anfang der politischen Karriere Guttenbergs in Kulmbach stand das ganz übliche, ganz legitime Knüpfen von Netzwerken. Er gehörte zu einer jungen Garde, die im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts in der oberfränkischen CSU ihren Weg machte, als Teil der Generation Stoiber; dessen Erfolge bei der Bundestagswahl 2002 - auch wenn er die Kanzlerschaft verfehlte - und der Landtagswahl 2003 gaben ihr Rückenwind.
Der Bundestagswahlkreis Kulmbach wird von den Landkreisen Kulmbach und Lichtenfels sowie neunzehn Gemeinden aus dem nördlichen Teil des Landkreises Bamberg gebildet. Guttenberg nahm politische Fahrt in einem Konvoi aus jungen CSU-Kreisvorsitzenden auf. In Kulmbach gelang es Henry Schramm, seit 2001 Kreisvorsitzender und seit 2003 im Landtag, 2007 die langjährige sozialdemokratische Oberbürgermeisterin Inge Aures abzulösen. Oberfranken ist in Teilen ein verspätetes CSU-Land. Von der Industrialisierung im 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts - mit Textil-, Porzellan-, Glas- und Maschinenbauunternehmen - geprägt, war es im Vergleich zu anderen bayerischen Regionen lange eine Hochburg der Sozialdemokraten.