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Worum geht es in dem Prozess? : Kardinal Woelki vor Gericht

Was hat er gewusst? Kardinal Woelki bei der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe im Februar in Dresden Bild: dpa

Heute vernimmt das Kölner Landgericht Kardinal Woelki als Zeugen. Es ist das erste Mal, dass ein Kardinal in Deutschland im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal aussagen muss.

          4 Min.

          Worum geht es in dem Verfahren?

          Der Prozess ist eines von mehreren presserechtlichen Verfahren, die Rainer Maria Kardinal Woelki gegen den Verlag Axel Springer angestrengt hat. Der Kölner Erzbischof sieht durch die Berichterstattung der Zeitung „Bild“ seine Persönlichkeitsrechte verletzt. In diesem Verfahren geht es um einen Artikel vom April 2021 über einen der prominentesten Fälle, in dem sich Woelki mit schweren Vorwürfen konfrontiert sieht: die Beförderung des Pfarrers D. zum stellvertretenden Düsseldorfer Stadtdechanten im September 2017. Der Priester war bei der Polizei aktenkundig geworden, nachdem er 2001 mit einem 16 Jahre alten obdachlosen Prostituierten auf dem Gelände des Hauptbahnhofs masturbiert hatte und anschließend von diesem erpresst worden war, woraufhin er sich an die Polizei wandte.

          Wo liegt der strittige Punkt?

          Thomas Jansen
          Redakteur in der Politik.

          Strittig ist, inwieweit der Kölner Kardinal zum Zeitpunkt der Beförderung von diesem Vorfall sowie weiteren Vorwürfen gegen den Priester in den folgenden Jahren Kenntnis hatte. Dabei geht es unter anderem um Saunabesuche mit Messdienern. Nach Darstellung der „Bild“ kannte Woelki die Personalakte des Pfarrers. Darin befand sich demnach unter anderem ein Schreiben der Polizei, in dem diese davor warnt, den Geistlichen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen einzusetzen.

          Kardinal Woelki bestreitet, dass er die Personalakte kannte, und will der „Bild“ untersagen lassen, das Gegenteil zu behaupten. In einer eidesstattlichen Erklärung hat er versichert, zum Zeitpunkt der Beförderung nur „gehört“ zu haben, dass der Pfarrer D. 2001 „einen Kontakt zu einem Prostituierten gehabt haben soll“. Von „weiteren Gerüchten, die um den Pfarrer rankten“, hätten ihm „Funktionsträger“, die für die Beförderung des Priesters geworben hätten, versichert, dass keines davon zutreffe.

          Warum muss Woelki vor Gericht aussagen?

          Kardinal Woelki tritt auf Antrag des Springer-Verlags als Zeuge in dem Prozess auf. Das hat die für Pressesachen zuständige 28. Zivilkammer des Kölner Landgerichts in einem sogenannten Beweisbeschluss festgelegt. Dass der Kläger zugleich als Zeuge auftritt, kommt nicht oft vor. Dieses Vorgehen sei nur eingeschränkt zulässig und setze voraus, dass alle anderen vorgebrachten Beweismittel ausgeschöpft seien und kein vollständiger Beweis erbracht worden sei, teilten die Richter mit.

          Die Beweislast liegt beim Springer-Verlag. Er muss beweisen, dass die Darstellung der „Bild“ den Tatsachen entspricht. Eine Vernehmung des Klägers als Zeuge wird in der Regel nur dann vom Beklagten beantragt, wenn er sich davon erhofft, dass der Kläger Aussagen tätigt, die ihn selbst belasten.

          Was haben die anderen Zeugen ausgesagt?

          Die Kölner Richter haben bislang zwei Zeugen vernommen: Die frühere Sekretärin des Kölner Kardinals Joachim Meisner und den ehemaligen Interventionsbeauftragten des Erzbistums Köln, Oliver Vogt, der für Missbrauchsfälle zuständig war. Beide haben mit ihren Aussagen erhebliche Zweifel an der Darstellung Woelkis geweckt. Nach ihrer Darstellung hat der Kölner Erzbischof von beiden umfassende Informationen über D. erhalten. Ob der Kardinal aber dessen Personalakte kannte, vermochten beide nicht zu sagen.

          Die langjährige Sekretärin von Woelkis Vorgänger berichtete, dass Woelki sie während seiner Zeit als für den Bezirk Düsseldorf zuständiger Weihbischof wegen des Priesters D. sprechen wollte. In einem etwa zwanzigminütigen Gespräch, das die Zeugin in die Zeit zwischen 2009 und 2011 datierte, hat sie Woelki nach ihren Angaben berichtet, dass der Priester D. 2002 von einem minderjährigen Sexualpartner erpresst worden sei. Außerdem sagte sie aus, dass sie D. mehrmals auf Unternehmungen begleitet habe, um ihn gegebenenfalls davon abhalten zu können, mit Messdienern eine Sauna zu besuchen oder Unterwäsche zu kaufen.

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