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Kanzleramtschef Braun : Im Sommer könnten „alle Einschränkungen fallen“

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Kanzleramtsminister Helge Braun am 3. März in Berlin Bild: Reuters

Als Zwischenstadium zur Normalität kann sich Kanzleramtschef Braun vorstellen, dass drei Gruppen ihre Freiheitsrechte schon früher zurückbekommen. Für Reisen über Ostern sieht er kaum Chancen. Wohl aber für Urlaub im Sommer.

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          Kanzleramtsminister Helge Braun stellt eine vollständige Rücknahme der Corona-Beschränkungen für den Sommer in Aussicht. „Wenn wir jedem in Deutschland ein Impfangebot gemacht haben, dann können wir zur Normalität in allen Bereichen zurückkehren“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Und alle Einschränkungen fallen.“ Dazu werde es im Sommer kommen - allerdings unter zwei Bedingungen: „Die Impfstoffhersteller halten ihre Lieferversprechen ein. Und es taucht keine Mutante auf, die den ganzen Impferfolg infrage stellt“, führte Braun aus. Er ergänzte: „Diejenigen, die ihr Impfangebot nicht wahrnehmen, treffen ihre individuelle Entscheidung, dass sie das Erkrankungsrisiko akzeptieren. Danach können wir aber keine Grundrechtseinschränkung eines anderen mehr rechtfertigen.“

          Als Zwischenstadium zur Normalität könne er sich vorstellen, dass drei Gruppen ihre Freiheitsrechte schon früher zurückbekommen: „Geimpfte, Genesene und aktuell Getestete“. Voraussetzung sei allerdings, dass diese Personen niemanden gefährden. „Dafür gibt es Anzeichen. Wir brauchen aber weitere Studien“, sagte Braun.

          Für Reisen über Ostern macht Braun hingegen wenig Hoffnung und bleibt auch mit Blick auf den Sommerurlaub vorsichtig. „Ich bin sehr skeptisch, was Reisen an Ostern angeht“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Für den Sommerurlaub sei es „ein bisschen kühn, darüber schon zu spekulieren“. Braun sagte aber: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir uns im Sommer - wie im vergangenen Jahr - draußen ziemlich normal bewegen können.“ Das Thema Reisen sei komplizierter, weil sich das Virus durch die Mobilität der Menschen verbreite. „Aber ich gehe davon aus, dass wir ab Pfingsten über Reisen und Freizeit deutlich entspannter reden können“, sagte der Kanzleramtschef.

          Nach den Worten von Braun werden die Impfstofflieferungen „ab Mai deutlich ansteigen“. Ende Juni, Anfang Juli werde man das Zehnfache pro Tag zu verimpfen haben. Alle Hausärzte, Betriebsärzte und Impfzentren würden im Vollbetrieb arbeiten. „Dann sind wir mit der gesamten impfbereiten Bevölkerung zügig durch.“

          Unternehmen sollen Mitarbeiter testen

          Braun rief zugleich die Firmen auf, ihre Mitarbeiter auf Corona zu testen. Viele große Unternehmen hätten bereits eine professionelle Test-Infrastruktur aufgebaut. Bei kleineren Betrieben stelle er sich vor, „dass sie auf dem normalen Einkaufsmarkt ein paar Tests besorgen und ihren Mitarbeitern zur Verfügung stellen“. Damit würden sie die Sicherheit im eigenen Betriebsablauf unterstützen und wirklich etwas für die Allgemeinheit tun.

          Der Kanzleramtschef nahm auch die Länder in die Pflicht. „Es war nie verabredet, dass der Bund für die Länder Schnelltests bestellt. Das ist die Aufgabe der Länder selbst“, sagte er. „Der Bund bezahlt, aber er schafft nicht die Infrastruktur - und er schafft die Tests auch nicht an. Man kann sie am Markt jetzt kaufen.“ Auch die Testzentren müssten vor Ort entstehen. An die Bevölkerung richtete der Kanzleramtschef den Appell, Testmöglichkeiten „sehr intensiv“ wahrzunehmen.

          Von CSU und Grünen kam aber Kritik an der Teststrategie der Bundesregierung. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte der „Welt“ (Samstag): „Tests sind die Brücke bis zum Impfangebot für alle. Aber leider sehen wir auch hier wieder: Es wurde zu spät, zu langsam, zu wenig bestellt. Man muss deutlich sagen, es sind wohl Fehler im Bundesgesundheitsministerium passiert. Jetzt muss endlich geliefert werden.“ Grünen-Chefin Annalena Baerbock warf der Bundesregierung ein „Wegducken vor Verantwortung“ vor. „Längst hätte sie eine Teststrategie vorlegen und viele Millionen Tests kaufen können, aber nach Monaten gründet sie jetzt erstmal eine Task Force“, sagte Parteichefin Annalena Baerbock dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

          „Ein kostenfreier Test pro Woche ist zu wenig“

          Der Deutsche Städte- und Gemeindebund vermisst ebenfalls eine klare Teststrategie. „Die Kommunen sind grundsätzlich bereit, dieses Vorhaben zu unterstützen und Schnelltest-Zentren aufzubauen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Rheinischen Post“ (Samstag). Die Kommunen bräuchten aber „jetzt vom Bund schnell Klarheit, wer welche Aufgaben, etwa bei Beschaffung der Tests, übernimmt.“ Zudem brauche man eine vernünftige digitale Lösung zur Erfassung der Testergebnisse und zur Vergabe von Testterminen.

          Sozialverbände verlangten Nachbesserungen der Teststrategie. Die Präsidentin des VdK Deutschland, Verena Bentele, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstag): „Ein kostenfreier Test pro Person und Woche ist nicht genug, besonders wenn der Besuch von Veranstaltungen von einem negativen Testergebnis abhängig gemacht wird.“ Bentele verwies zudem auf Kosten für Masken und Desinfektionsmittel für Grundsicherungsempfänger. Sie und der Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Werner Hesse, forderten, dass der Bund während der Pandemie den monatlichen Grundsicherungsbetrag um 100 Euro anhebt.

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