Nach Esken-Auftritt : Scholz kritisiert „eigenwillige“ Debatte um Kampfflugzeuge
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Nach der Einigung zur Lieferung von Kampfpanzern ist eine Debatte um die Lieferung von Kampfflugzeugen wie des Eurofighters entbrannt. Bild: dpa
Der Kanzler will nicht über Flugzeuglieferungen an die Ukraine reden, seine eigene Partei will sie nicht ausschließen. Derweil legt der frühere ukrainische Botschafter Andrij Melnyk mit einer neuen Forderung nach.
Mit Unverständnis hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf seiner Lateinamerikareise auf die Debatte über die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine in Deutschland reagiert. Angesprochen auf die Äußerungen der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, sagte er auf einer Pressekonferenz in Santiago de Chile, es sei „eigenwillig“, dass diese Debatte geführt werde. „Es ist dazu jetzt alles gesagt, auch von mir.“ Mancher müsse sich fragen, warum sich die Frage stelle, „wo es doch darum geht, den Ukrainern zu helfen“. Es sei eine seriöse Debatte notwendig und kein „Überbietungswettbewerb“, bei dem vielleicht innenpolitische Motive statt die Unterstützung der Ukraine im Vordergrund stünden.
Scholz verwies abermals darauf, dass er bereits kurz nach Kriegsbeginn gemeinsam mit dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden eine Flugverbotszone ausgeschlossen habe, weil dies zu einem Konflikt zwischen der NATO und Russland führen könne. Auch „solche unsinnigen Ansinnen“ wie die Entsendung von Bodentruppen seien abgelehnt worden.
Keine „Marine-Rüstungsgüter“ für Ukraine
In Berlin sagte eine Regierungssprecherin ergänzend, Deutschland werde der Ukraine keine Marine-Rüstungsgüter liefern. Zuvor hatte der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, Deutschland darum gebeten, neben Tornado- und Eurofighter-Kampfjets auch U-Boote an sein Land zu liefern. Solche Bitten fasse sie „unter die Warnung vor einem Überbietungswettbewerb“, sagte die Sprecherin. Davor habe Scholz ganz klar gewarnt.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hatte am Wochenende im Fernsehen die Frage, ob sie eine Lieferung von Kampfflugzeugen nach Kiew ausschließen könne, mit der Antwort umgangen, „es kommt ganz entscheidend darauf an, dass Deutschland und dass auch die NATO nicht Kriegspartei wird“. Esken sagte auch, es sei entscheidend, die Lage immer wieder neu zu bewerten und Russland und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin deutlich zu machen, „dass wir die russische Aggression zurückweisen“. Die Bundesregierung handele bei allen Schritten in enger Abstimmung mit den Vereinigten Staaten.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) äußerte sich ebenfalls ohne eine Festlegung. Überlegungen, ob die Bundeswehr Flugzeuge abzugeben habe, seien „hypothetische Fragen“, auf die er nicht antworte, sagte er am Montag bei einem Besuch im Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Geltow bei Potsdam. Im Übrigen habe „der Bundeskanzler dazu meines Wissens alles gesagt, was zu sagen ist“, so Pistorius weiter.
Scholz gegen „Rückkehr zum Recht des Stärkeren“
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt, warnte die Bundesregierung davor, sich bei der Lieferung von Waffen an die Ukraine selbst rote Linien aufzuerlegen. Hardt sagte, „irgendwelche Dinge auszuschließen nutzt nur dem Kreml“. Für Deutschland solle vielmehr „der militärische Bedarf der Ukraine unser Orientierungspunkt sein“.
Der Vorsitzende der Münchener Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, befürwortete in deutlichen Worten die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine, falls dies für deren Kriegsführung notwendig sei. Der frühere außenpolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Sonntag im Fernsehen, er halte die Lieferung von Kampfjets für „adäquat“, um die Ukraine besser vor russischen Angriffen zu schützen. Infrage kämen dafür entweder Flugzeuge sowjetischer Bauart, wie sie vom NATO-Mitgliedstaat Polen eingesetzt werden, oder amerikanische F-16 Kampfflugzeuge.
Um den Krieg in der Ukraine ging es auch in den Gesprächen, die Scholz mit den Präsidenten in Chile und Argentinien geführt hat. Scholz bedankte sich für den Kurs der Ablehnung der russischen Aggression. „Es darf nicht akzeptiert werden, dass wie in schlimmsten imperialistischen Zeiten ein großes Land seinem kleineren Nachbarn mitteilt, dass es sich einen Teil seines Territoriums aneignen will“, sagte er in Chile. „Als Demokratien müssen wir deshalb weltweit zusammenstehen und eine Rückkehr zum Recht des Stärkeren verhindern.“