Kampf gegen Kinderpornographie : Mienenspiel eines Ministertrios
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Zypries, von der Leyen, Guttenberg: Ungewöhnlicher Auftritt vor der Bundespressekonferenz Bild: ddp
Nach dem Willen der Bundesregierung soll das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten. Justizministerin Zypries (SPD) will das Thema nicht vollständig der Interpretationshoheit der Unionsseite überlassen.
Ausdrucksstärker, als es jeder Kommentar gewesen wäre, war das Mienenspiel der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), als sie am Mittwoch neben den beiden Kabinettskollegen Karl-Theodor zu Guttenberg (Wirtschaft, CSU) und Ursula von der Leyen (Familie, CDU) saß.

Politischer Korrespondent für Österreich und angrenzende Länder mit Sitz in Wien.
Die drei Minister waren erschienen, um über das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet Auskunft zu geben, das das Kabinett zuvor beschlossen hatte. Da lobten die beiden Unionspolitiker einander nach Kräften: Guttenberg die Familienministerin dafür, dass sie so tatkräftig zu Jahresbeginn die Initiative ergriffen hatte; von der Leyen den Wirtschaftsminister dafür, dass er dann so schnell einen Entwurf vorgelegt hat, denn das zu ändernde Telemediengesetz fällt in sein Ressort. Frau Zypries schaute in den Saal, die Lippen schmal zusammengekniffen.
Ungewöhnlicher Auftritt
Erst als Guttenberg erwähnte, dass man in den Gesprächen mit Internet-Anbietern allmählich darauf gekommen sei, dass das Sperren von Seiten einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, schaute sie ruckartig zu den Kollegen herüber: Genau darauf hatte die Justizministerin gedrungen, seit sie in den Abstimmungsprozess eingebunden worden war.
Die kleine Szene erklärt den ungewöhnlichen Auftritt von gleich drei Bundesministern vor der Bundespressekonferenz: Die Justizministerin von der SPD wollte das Thema nicht vollständig der Interpretationshoheit der Unionsseite überlassen. Der Kampf gegen Kinderpornographie sei auch schon in der letzten Legislaturperiode „sehr beherzt“ geführt worden, sagte sie unter Aufzählung von früheren Gesetzesverschärfungen.
Was das Sperren von Internetseiten betrifft, so habe man sich allenfalls über den richtigen Weg „auseinandergesetzt“, fügte Frau Zypries hinzu. Das stimmt zwar nicht ganz, was ihre Partei betrifft, denn die sozialdemokratischen Fachleute waren anfangs ganz gegen Internetsperren gewesen. Auch die Ministerin hatte allerlei Bedenken vorgebracht, hatte aber ein Gesetz als grundsätzlich möglich dargestellt – anders als Sperren, die allein auf Verträgen zwischen Behörden und Anbietern beruhen.
Gesetz noch in dieser noch in dieser Legislaturperiode?
Doch genau diese Vertragslösung wird parallel weiter vorangetrieben. Hatten in der vergangenen Woche schon fünf der acht größten Internetanbieter entsprechende Vereinbarungen unterzeichnet, sollen jetzt nach Angaben von Frau von der Leyen noch zwei weitere hinzukommen. Zugleich wies sie darauf hin, dass die Verträge obsolet werden, wenn das Gesetz in Kraft tritt, also womöglich, noch ehe sie überhaupt relevant geworden sein werden.
Denn das Gesetz soll nach dem Willen der Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten – ohne Übergangsfrist, wie die Familienministerin sagte. Damit das in den verbleibenden fünf Sitzungswochen überhaupt noch zu bewältigen ist, rief sie die Koalitionsfraktionen dazu auf, den Gesetzentwurf als eigene Initiative im Bundestag einzubringen; denn dann geht es schneller.
Dass die erste Überarbeitung dieses Gesetzes nicht lange auf sich warten lassen wird, zeichnet sich ebenfalls schon ab. Denn es deckt zwar nach Angaben Frau von der Leyens 97 Prozent der Internetzugänge ab, aber eben nicht alle. Um den Aufwand zu begrenzen, aber auch, um die Listen des Bundeskriminalamts mit den einschlägigen zu sperrenden Adressen nicht allzuweit zu verbreiten, bleiben Anbieter mit weniger als 10.000 Nutzern ausgenommen: Universitäten beispielsweise, große Unternehmen oder Behörden, aber auch sehr kleine Netzwerkbetreiber. Dass gerade die ein mögliches Schlupfloch darstellen, bestritten die drei Minister nicht. Ein „Schwachpunkt“ sei das, sagte Guttenberg, ein „Wermutstropfen“, formulierte, emphatischer, Frau von der Leyen.