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Neue Studie : Daddeln kann den digitalen Fähigkeiten von Jugendlichen schaden

Nicht gut für die digitale Kompetenz: Zerstreuung am Handy Bild: picture alliance / dpa

Der Umgang mit digitaler Informationstechnologie gilt als Schlüsselqualifikation. Wenn Jugendliche zur Zerstreuung zum Handy greifen, trainieren sie diesen aber nicht – im Gegenteil.

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          Soziale Aktivitäten wie Chatten oder das Teilen von Bildern und Videos wirken sich nicht positiv auf die Kompetenzen beim Umgang mit digitalen Kommunikations- und Informationstechnologien aus. Ganz im Gegenteil: Eine zu intensive Nutzung sozial-interaktiver Dienste kann sogar zu geringeren digitalen Kompetenzen bei Jugendlichen führen. Das geht aus einer neuen Auswertung mit Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) in Bamberg zu den digitalen Fähigkeiten von 15 bis 18 Jahre alten Jugendlichen hervor.

          Heike Schmoll
          Politische Korrespondentin in Berlin, zuständig für die „Bildungswelten“.

          Beim Hausaufgaben machen oder Vokabeltraining schnell nebenbei eine Chatnachricht beantworten, ein Video teilen oder ein Selfie hochladen – Jugendliche nutzen soziale Medien häufig zur Unterhaltung, Zerstreuung und Ablenkung. Für sie sind soziale Medien wie Instagram oder Whatsapp die Kommunikationsmittel der Wahl.

          Und genau diese Verhaltensmuster können sich nach den Erkenntnissen der Bildungsforscher des NEPS negativ auf ihre Fähigkeiten auswirken, digitale Kommunikationsmedien zielgerichtet und fachkundig zu nutzen – zum Beispiel zur Recherche und bei der Bewertung von Suchergebnissen. Die Autoren des jetzt veröffentlichten Berichts, Timo Gnambs vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe und Martin Senkbeil vom Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften in Kiel (IPN), sprechen hier vom Gegensatz zwischen sozial-interaktiven und instrumentellen Nutzungsmotiven. „Soziale Online-Medien werden von den Jugendlichen häufig parallel zu schulischen Aufgaben genutzt. Dieses Multitasking beeinträchtigt jedoch Verstehens- und Lernprozesse und im Ergebnis sehen wir insgesamt geringere ICT-Kompetenzen“, sagt Senkbeil.

          Eine Schlüsselqualifikation wie Schreiben oder Lesen

          Während die Nutzung digitaler Medien zur Unterhaltung und zum sozialen Austausch wenig anspruchsvoll ist, wirkt sich die gezielte Informationssuche bei einer Onlinerecherche direkt auf die Fähigkeiten der jungen Erwachsenen aus, souverän mit digitalen Informationstechnologien umzugehen. Bildungsforscher nennen das die ICT-Kompetenzen (information and communication technologies). Sie zählen neben Schreiben, Lesen und Rechnen zu den Schlüsselqualifikationen. Schüler sollen beispielsweise lernen, wie sie gezielt Informationen mit einer Onlinerecherche suchen, diese beurteilen, weiterverarbeiten und präsentieren und so ihre Fähigkeiten im komplexen Denken und Problemlösen trainieren.

          Gnambs und Senkbeil haben bei ihrer Untersuchung der repräsentativen Stichprobe von 15 bis 18 Jahre alten Jugendlichen in Deutschland auch die Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen betrachtet. Sie unterschieden sich kaum. Allerdings schätzen männliche Jugendliche ihre eigenen Fähigkeiten systematisch höher ein als weibliche. Die Forscher vermuten deshalb, dass Frauen technologiebasierte Berufsfelder und Ausbildungen eher deshalb meiden, weil sie ihre Kompetenzen unterschätzen.

          Da sich die Unterschiede in der Selbsteinschätzung in Jugendalter schon stark verfestigt haben, rät Timo Gnambs zu frühzeitigen Fördermaßnahmen in der Kindheit: „Frühe Förderung kann zu mehr Chancengleichheit in späteren Lebensjahren beitragen und die Entwicklung tatsächlicher Unterschiede bei den ICT-Kompetenzen verringern.“ Fähigkeiten wie das effiziente Suchen, Beurteilen, Weiterverarbeiten und Präsentieren von Informationen im Rahmen einer Internetrecherche zu trainieren, sollte nach Auffassung der Forscher das Ziel schulischer Curricula sein.

          Die 14.000 an der Studie beteiligten Jugendlichen besuchten die neunten Klassen verschiedener Sekundarschulen und wurden drei Jahre später im Alter von etwa 18 Jahren abermals befragt. Dadurch konnten auch Veränderungen in der ICT-Kompetenz gezeigt werden.

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