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Dalia Grinfeld über JAfD : „Das ist eine klare Fake-Judenfreundlichkeit“

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Wahre Freundschaft?: Ein Teilnehmer des islamkritischen Bündnisses Pegida hält im Mai 2015 eine deutsche und eine israelische Flagge in der Hand Bild: dpa

Dalia Grinfeld vertritt mehr als 25.000 junge Juden bundesweit. Im Interview spricht sie über die Gründung der jüdischen Vereinigung in der AfD, Sicherheit im Alltag – und wie sich die nächste jüdische Generation ihre Zukunft in Deutschland vorstellt.

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          Frau Grinfeld, mit der „Jüdischen Studierendenunion Deutschland“ (JSUD) vertreten Sie als Präsidentin mehr als 25.000 junge Juden im Land. Laut aktuellen Umfragen ist die AfD momentan vor der SPD die zweitstärkste Kraft. Wie hat darauf die junge jüdische Generation reagiert?

          Dass die „Alternative für Deutschland“ überhaupt Erfolg in der deutschen Politik hat, hat bei uns große Unsicherheit ausgelöst. Von uns jüngeren Juden sind die meisten entweder in Deutschland geboren oder in frühen Jahren hier eingewandert. Die meisten stellen sich deswegen hier eine Zukunft vor, aber es gibt trotzdem viele Ängste. Eine große Zäsur war es, als die AfD als eine Partei mit offensichtlich antisemitischen Ideologien in den Bundestag gewählt wurde.

          Und jetzt soll am 7. Oktober in der AfD die jüdische Vereinigung „JAfD“ gegründet werden.

          Das ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar. Deswegen werden wir eine große Gegendemonstration unter dem Motto „#Afnee – Diese Alternative ist nicht koscher“ veranstalten. Deutschland ist unsere (Wahl-)heimat – mit der AfD passt das nicht zusammen. Dass Juden aus Europa vertrieben wurden, ist noch nicht lange her. Wir wollen uns nicht verstecken, sondern stellen uns dem aktiv entgegen und wollen etwas verändern.

          Mitbegründer Dimitri Schulz ist da anderer Meinung. Für ihn schließt es sich nicht aus, jüdischen Glaubens und gleichzeitig AfD-Mitglied zu sein.

          Wenn eine Partei wie die AfD rassistisch und menschenfeindlich ist, ist es ein absoluter Widerspruch jüdischen Glaubens und Mitglied der AfD zu sein. Vor allem weil diese Partei Grundsätze des Judentums, wie die religiöse Schlachtung von Tieren und die Beschneidung des Mannes, verbieten will. Damit greift sie tief in die Basis des jüdischen Glaubens ein. Aber auch wenn die AfD andere Gruppen, wie zum Beispiel Muslime, diskriminierend angreift, geht uns das als Juden etwas an. Das tolerieren wir nicht.

          Könnte die AfD mit dieser Vereinigung nicht doch versuchen, sich glaubhaft gegen Antisemitismus zu stellen?

          Nein, das ist ganz klar eine Fake-Judenfreundlichkeit. Das sind verwirrte Juden, die da Mitglieder sind. Damit benutzt die Partei Juden, um sich in ein positives Licht zu rücken. Wenn man aber in den eigenen Reihen nicht gegen Holocaust-Leugner oder Verharmlosung der Geschichte vorgeht, kann man nicht judenfreundlich sein.

          In der Begründung von Herrn Schulz heißt es weiter, dass die AfD die einzige Partei sei, die muslimischen Antisemitismus ernst nimmt. Nachvollziehbar oder zu kurz gedacht?

          Die AfD nimmt die Ängste der Gesellschaft tatsächlich dort wahr, wo sie auch wirklich sind. Das Problem ist aber das, was danach passiert: Statt Ängste abzubauen, intensivieren sie diese nur. Und wenn man keine wirklichen Lösungen anbieten kann, dann ist das tatsächlich schlicht zu kurz gedacht.

          Was erwarten Sie im Gegenzug von anderen Parteien? Ist es dann nicht zu wenig, nur zu sagen, man stelle sich geschlossen gegen Antisemitismus?

          Natürlich ist es erst einmal wichtig, dass das Problem überhaupt erkannt wird. Deswegen halte ich es für gut, wenn politische Vertreter Antisemitismus auch öffentlich anprangern. Das reicht sicherlich nicht. Die aktuelle Regierung ist mit dem eingeführten Antisemitismus-Beauftragten oder der Aktionswoche der CDU „Von Schabbat zu Schabbat“ in diesem Jahr aber auf einem guten Weg. Auch die Kampagne der Liberalen Hochschulgruppen gegen israelbezogenen Antisemitismus an Universitäten ist dafür ein treffendes Beispiel.

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