https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/joachim-gauck-bei-lanz-wuerde-notfalls-selbst-zur-waffe-greifen-18172113.html

Zur Verteidigung Deutschlands : Joachim Gauck würde notfalls selbst zur Waffe greifen

  • Aktualisiert am

Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck am 16. Juni bei der Verleihung des Point-Alpha-Preises in Geisa Bild: dpa

Laut dem früheren Bundespräsidenten führt der pazifistische Ansatz zur „Dominanz der Bösen“. Die Deutschen müssten mit den Ukrainern solidarische sein und aushalten, wenn die Heizungen etwas heruntergedimmt würden.

          2 Min.

          Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck hat angesichts des Krieges in der Ukraine vor falschem Pazifismus gewarnt und erklärt, er würde notfalls selbst zur Waffe greifen. „Ich würde mir wünschen, es nicht tun zu müssen. Aber in einem solchen Fall würde ich es tun, ja“, sagte der Zweiundachtzigjährige am späten Mittwochabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Der Moderator hatte zuvor darauf hingewiesen, dass es in Deutschland eine andere Debatte gäbe, wenn nicht die Ukraine, sondern Berlin angegriffen würde. Er fragte Gauck, ob er als ehemaliger Pastor in einem solchen Fall zur Waffe greifen und auf jemanden schießen würde.

          Gauck nannte den pazifistischen Ansatz im persönlichen Leben „ehrenvoll“. Er sei aber ein Ansatz, „der nicht zum Guten führt, sondern der die Dominanz der Bösen, der Verbrecher und der Unmenschlichen zementieren würde“.

          Warnung vor „Kapitulation vor den Gewissenlosen“

          Der frühere Bundespräsident warnte vor einer „Kapitulation vor den Gewissenlosen“ und sagte: „Der Gewissenlose befragt sich nicht, ob es recht ist, die Waffe zu nehmen, um seine Ansprüche durchzusetzen.“ Dies machten nur die Gewissenhaften. „Und wenn die Gewissenhaften aus Scheu vor dem Verteidigungshandeln, auch vor dem robusten Verteidigungshandeln, sagen „Nein, ich mache mir die Finger nicht schmutzig“, dann verraten sie die Wertebasis, die ihnen aber eigentlich das Leben doch so ermöglicht hat, wie sie es gerade leben.“

          Gauck sprach von einer „Neubesichtigung der Notwendigkeit, das zu verteidigen, was uns ans Herz gewachsen ist, was uns Freiheit, inzwischen auch erheblichen Wohlstand gebracht hat“. Er stellte fest: „Erstaunlicherweise gibt es einen Wandel in der Bevölkerung hin zu mehr Bereitschaft, das eigene Land zu verteidigen und auch die Verteidigungsausgaben, so wie sie jetzt beschlossen worden sind, zu akzeptieren. Das ist über Jahrzehnte anders gewesen.“

          „Eine Wohlstandslücke kann man auch überleben“

          Der Vorgänger von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief zu Solidarität gegenüber dem „überfallenen Opfer“ Ukraine auf. Es werde zu ertragen sein, wenn in Deutschland beim Heizen die Temperaturen etwas heruntergedimmt würden. „Und eine Wohlstandslücke kann man auch überleben“, sagte Gauck mit Blick auf die drohenden wirtschaftlichen Folgen des Ukrainekriegs für Deutschland. Aus einer Delle könne wieder ein Aufschwung werden. „Und es ist auch nicht gesagt, dass wir in immer wachsendem Wohlstand leben werden.“

          Die Deutschen dürften von sich nicht zu gering denken, sagte Gauck. „Wir sind nicht nur die, die Wirtschaftswunder können. Sondern wir sind auch die, die einmal die Zähne zusammenbeißen können, wenn wir damit anderen Menschen helfen können.“ Es gehe um die Frage, ob man wirklich Furcht haben müsse, „dass uns Leben misslingt“, so Gauck. „Oder ob wir nur in eine Phase hineingehen, wo die schönsten Träume nicht verwirklicht werden können, wo wir vielleicht nur einmal in den Urlaub fahren anstatt zweimal.“

          Dies alles werde in einem Sozialstaat debattiert. „Wir haben bisher keine Signale dafür, dass die Ärmsten, denen das Sparen wirklich schwer fällt, dass die aus dem Blick geraten“, sagte Gauck.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Blick in den Deutschen Bundestag. Noch besteht er aus 736 Abgeordneten. Künftig sollen es nur noch 630 sein. Im Wahlgesetz sind 598 vorgesehen.

          Wahlrechtsreform : Das größte Eigentor

          Die grotesken Züge des neuen Wahlrechts erklären sich aus dem alten Konflikt zwischen Mehrheits-und Verhältniswahlrecht. Die Ampel schlägt sich ganz auf die Seite von Proporz und Parität. Ein Dienst an der Demokratie ist das nicht.

          Pläne der EU : So funktioniert Klimaschutz am besten

          Berlin streitet über Verbrenner und Heizungen. Brüssel hingegen blickt sorgenvoll nach Amerika. Muss die EU ganz neue Wege im Klimaschutz beschreiten?
          1I/‘Oumuamua in in der Sonne. Diese künstlerische Darstellung berücksichtigt bereits, dass von dem Objekt etwas abgedampft sein muss.

          Interstellarer Komet : Das Rätsel um ʻOumuamua ist gelöst

          Im Herbst 2017 drang ein Objekt von der Größe und ungefähren Form eines Flugzeugträgers in unser Sonnensystem ein – und verhielt sich merkwürdig. Jetzt haben Forscher eine sehr nüchterne Theorie, die das Rätsel löst.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.