Burhan Kesici : Islamrat stellt Format der Islam-Konferenz infrage
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Ein Moslem betet in einer Moschee in Niedersachsen Bild: dpa
Am Mittwoch will Innenministerin Nancy Faeser die fünfte Phase der Deutschen Islam-Konferenz eröffnen. Der Vorsitzende des Islamrats findet, man müsse noch einmal grundsätzlich über das Format nachdenken.
Der Vorsitzende des Islamrats, Burhan Kesici, stellt das Format der Deutschen Islam-Konferenz infrage. „Als 2006 die Deutsche Islam-Konferenz begonnen hat, war das sehr gut und berechtigt. Aber jetzt müsste man mal darüber diskutieren, inwiefern die Deutsche Islam-Konferenz in diesem Format noch berechtigt ist oder nicht“, sagt Kesici der F.A.Z.
Der Islamrat vertritt nach eigenen Angaben ungefähr 440 Moscheegemeinden. Neben solchen islamischen Dachverbänden und anderen Verbänden und Vereinen sind auch Initiativen der muslimischen Zivilgesellschaft sowie verbandskritische oder -oppositionelle Organisationen und Einzelpersonen Teil der Konferenz. Daneben sind Vertreter von Ministerien, aus Ländern, Kommunen, Kirchen, dem Zentralrat der Juden und aus der Wissenschaft beteiligt.
Manchmal entstehe bei ihm der Eindruck, dass Bundesländer, Institutionen und auch die Politik vor Ort bestimmte Entwicklungen nicht vorantrieben, „weil sie sagen: Ja, das kann im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz behandelt werden“. Am Mittwoch will Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die fünfte Phase der Deutschen Islam-Konferenz in Berlin eröffnen. Die Phasen der im Jahr 2006 ins Leben gerufenen Konferenz verlaufen jeweils parallel zu den Legislaturperioden.
Kesici ist offen dafür, die Deutsche Islam-Konferenz fortzusetzen, aber man müsse über die Formate noch einmal nachdenken. Er hebt hervor, dass es durchaus Erfolge gegeben habe, aber „im Endeffekt ist es so, dass sehr viele Themen, die dort angesprochen werden, Ländersache sind und dass man dann nicht nachhaltig arbeiten kann“.
Der Islamrat nahm bereits an der ersten Phase der Konferenz teil, hatte aber in der zweiten Phase (2009-2013) eine Auszeit wegen einer Auseinandersetzung. „Wir waren der Meinung, dass die Deutsche Islam-Konferenz zu sehr den Sicherheitsdiskurs geführt hat und weniger über das diskutiert hat, was im Interesse der Muslime ist“, sagt Kesici. In den nachfolgenden Phasen nahm der Verband aber wieder an dem institutionalisierten Dialog von Politik und Verwaltung mit den Muslimen in Deutschland teil.
Kesici erhofft sich trotz seiner Anfragen ans Format der Konferenz, dass Themen wie zum Beispiel die Wohlfahrtsarbeit wieder eine Rolle spielen werden. In der vergangenen Phase habe man da gute Schritte gemacht; Kesici verweist auf die Gründung eines muslimischen Wohlfahrtsverbandes. Die Nacharbeit habe indes nicht stattgefunden. „Und es wäre wichtig, dass man eine bundesweite Lösung findet, dass muslimische Religionsgemeinschaften analog zu den christlichen Religionsgemeinschaften auch anerkannt werden können als Gesprächspartner.“
Früher geäußerte Kritik progressiver, liberaler Vertreter des Islam, der Staat hofiere bei der Islam-Konferenz konservative Muslime, die kein echtes Interesse an Integration hätten, weist Kesici zurück. „Ich finde diese Behauptung realitätsfern“, sagt er. „Selbstverständlich ist es so, dass wir als Religionsgemeinschaften sehr viel in der Vergangenheit für die Integration getan haben.“ In den zweieinhalbtausend Moscheen sei ein Großteil der Muslime in die deutsche Gesellschaft integriert worden.