Bosbach über „Maischberger“ : „Wer an eine Inszenierung glaubt, hat keine Ahnung“
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Fühlte sich provoziert und hielt es nicht mehr aus: CDU-Politiker Wolfang Bosbach in der Sendung von Sandra Maischberger Bild: dpa
Als er die ehemalige Grünen-Politikerin Jutta Ditfurth nicht mehr ertragen konnte, stand Wolfgang Bosbach bei „Maischberger“ auf und ging. Beim „Quasselprediger“ oder einer vollverschleierten radikalen Islamistin hingegen blieb er. Im Interview erklärt er, warum.
Herr Bosbach, Sie haben am Mittwochabend die „Maischberger“-Sendung nach einem Streit mit der ehemaligen Grünen-Politikerin Jutta Ditfurth abrupt verlassen. War das ein inszenierter Eklat, wie jetzt manche glauben?
Ich kann niemanden daran hindern, groben Blödsinn zu erzählen. Ich wäre gerne bis zum Ende der Sendung geblieben. Wer an eine Inszenierung glaubt, hat vom Ablauf der Sendung und von meiner politischen Haltung überhaupt keine Ahnung.
Aber Sie kannten die Gästeliste vorher, Sie sind ein Talkshow-Profi und ... –
Eben, deswegen ist der Verdacht der Inszenierung auch wirklich Blödsinn. Ich habe in Talkshows schon einiges ausgehalten und war mehr als ein Mal kurz davor zu gehen, habe es dann aber nicht getan. Bei Günther Jauch saß ich einem Imam gegenüber, der geredet hat wie ein Wasserfall, bei Anne Will einer vollverschleierten Muslima, die für den Dschihad geworben hat, und ich bin sitzengeblieben. Aber irgendwann läuft das Fass mal über.
Sie meinen den „Quasselprediger“ und die vollverschleierte Schweizer „Frauenbeauftragte“ Nora Illi, die bei Will in einem Einspieler sogar die Grausamkeit des „Islamischen Staats“ relativieren durfte. Können Sie eine radikale Islamistin besser vertragen als Jutta Ditfurth?
Nein, es geht nicht um die Person Jutta Ditfurth, wenn sie für mich unerträglich wäre, hätte ich an der Sendung gar nicht erst teilgenommen. Es war die Kombination ihrer Aussagen und ihres Verhaltens. Vieles davon wird man im Fernsehen überhaupt nicht gesehen haben. Ihre permanente Dazwischenquatscherei, auch leise, wenn Herr Jörges vom „Stern“ gesprochen hat, ihre Beleidigungen von Hauptkommissar Lenders. Wenn ich ihre Argumentation in einem Satz zusammenfassen darf, dann kann man es so sagen: Alle Gewalt ging von der Polizei aus, und wenn wir 500 verletzte Beamte haben, dann sind die selber schuld. Frau Ditfurth ist wahrscheinlich der Meinung, das Benefizkonzert müsste jetzt für den Schwarzen Block stattfinden und nicht für die Polizeibeamten, die im Einsatz waren.
Trotzdem werden manche nicht verstehen, warum Sie den Quasselprediger und Nora Illi, die den islamistischen Extremismus relativiert hat, ausgehalten haben, Frau Ditfurth aber nicht.
Ich habe es doch gerade gesagt, bin aber gerne bereit, mich für Sie exklusiv zu wiederholen: Irgendwann kommt der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, und das war am Mittwochabend die Kombination aus dem Verhalten und der Argumentation von Frau Ditfurth. 500 verletzte Polizeibeamte wurden von ihr eine Stunde lang von Opfern zu Tätern gemacht – das war für mich unerträglich.
Hat Frau Maischberger als Moderatorin versagt?
Nein, sie hat mein volles Bedauern. Sie hat sich redlich bemüht, Frau Ditfurth zu zähmen, aber auch dem Gespräch freien Lauf zu lassen. Aber das erlebt man im Leben ja öfter: Gut gemeinte Toleranz führt im Ergebnis zum Chaos. Solche Sendungen machen nur Sinn, wenn jeder Gesprächsteilnehmer bereit ist, dem anderen ruhig zuzuhören und auch über andere Argumente nachzudenken.
Frau Ditfurth hat Sie „mimosenhaft“ genannt, auch andere Reaktionen gehen in diese Richtung. Hätten Sie die Debatte nicht tatsächlich lieber aushalten und Frau Ditfurths Auftritt für sich sprechen lassen sollen?
Ich frage mich, warum ich nicht früher gegangen bin. Außerdem sind von den etwa 400 Zuschriften, die ich bisher auf die Sendung bekommen habe, 95 Prozent positiv. Ich hätte ja sogar für die kritischen Stimmen Verständnis, wenn ich nicht eine halbe Stunde vorher gesagt hätte, „wenn das so weiter geht, dann gehe ich“. Aber es ist eher schlimmer geworden. Ich bin nicht Knall und Fall aufgestanden und habe einen Eklat provoziert. Man sollte meine Ernsthaftigkeit nicht unterschätzen.
„Wer ausrastet oder den Saal verlässt, hat verloren“, haben Sie nach der Sendung mit der radikalen Islamistin Illi bei „Anne Will“ gesagt. Gilt das nach Ihrem Abgang bei Maischberger jetzt auch für Sie?
Ich bin ja nicht ausgerastet, ich raste gleich bei diesem Telefonat aus. Ich habe den Saal ganz ruhig verlassen. Und, wie gesagt: Ich kann niemanden daran hindern, Unsinn zu erzählen.
Werden Sie für sich persönlich Konsequenzen aus der Sendung ziehen?
Sie können ganz sicher sein: Sollte man mir noch einmal Frau Ditfurth als Gesprächspartnerin anbieten, werde ich um den Sendeort einen großen Bogen machen.
Maischberger: „Möchte mich bei Frau Ditfurth entschuldigen“
Nach dem Eklat in ihrer Sendung hat die Moderatorin Sandra Maischberger am Donnerstag eine Stellungnahme veröffentlicht:
„Ich bedaure sehr, dass Wolfgang Bosbach unsere Runde vorzeitig verlassen hat. Mein Versuch, ihn zum Bleiben zu bewegen, schlug leider fehl. Das ist immer eine Niederlage in einer Sendung, deren Aufgabe es ist, Menschen ins Gespräch zu bringen – gerade, wenn sie noch so unterschiedliche Meinungen haben. Wir wollen gesellschaftliche und politische Kontroversen im Fernsehen so führen ..., wie sie im Leben stattfinden: ungeschnitten und ungeschönt. Das tut manchmal weh. Auch mir, wenn es nicht gelingt, meine Gäste im Dialog zu halten.
Ich möchte mich ausdrücklich bei Frau Ditfurth für den Versuch entschuldigen, sie aus der Sendung komplimentieren zu wollen. Das war eine unüberlegte Kurzschlussreaktion, getrieben von dem Wunsch, in der Sendung den Ausgleich der Seiten wiederherzustellen. Es war ein Fehler den ich bedauere.“