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Demo vor dem Reichstag? : „Es wird sehr aggressiv mobilisiert“

Keine Demo in der befriedeten Zone vor dem Reichstag wie Ende August in Berlin Bild: AFP

Während der Bundestag am Mittwoch das Infektionsschutzgesetz diskutiert, wollen sich Gegner der Corona-Maßnahmen in Berlin treffen. Besonders Reichsbürger und Neonazis mobilisieren.

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          Die Innenverwaltung und die Polizei in Berlin befürchten am Mittwoch aggressive Proteste gegen die Corona-Politik der Bundesregierung. „Es wird sehr aggressiv mobilisiert, vor allem auch unter Reichsbürgern und in der Neonaziszene“, sagte ein Sprecher der Innenverwaltung der F.A.Z. Das sei alles andere als beruhigend, auch wenn es schwierig sei, das Gewaltpotential im Voraus abzuschätzen. Die Polizei in Berlin bereite sich deshalb auf alle möglichen Szenarien vor. Es gebe zu den Protesten eine „hohe Mobilisierung vor allem aus dem süddeutschen Raum“.

          Markus Wehner
          Politischer Korrespondent in Berlin.

          Polizeipräsidentin Barbara Slowik hatte am Montag angekündigt, entschiedener als bisher gegen Verletzungen der Corona-Schutzregeln vorgehen zu wollen. Bilder wie vor einer Woche in Leipzig oder im August in Berlin wolle man unbedingt vermeiden. Am Mittwoch wollen Bundestag und Bundesrat Änderungen am Infektionsschutzgesetz beschließen. Dabei geht es um die Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, um Abstandsgebote, Kontaktbeschränkungen, Verbote von Veranstaltungen und die Schließung von Geschäften. Gegner der Corona-Politik der Bundesregierung wollten während der Debatte vor dem Bundestag protestieren.

          Das Bundesinnenministerium lehnte am Dienstag 12 Anträge auf Versammlungen im sogenannten befriedeten Bezirk um den Bundestag und den Bundesrat ab. Das wird damit begründet, dass es in einer Sitzungswoche freien Zugang für die Abgeordneten des Bundestags geben müsse. Bei den angemeldeten Versammlungen werde aber „dazu aufgerufen, die Zugänge zum Deutschen Bundestag und zum Bundesrat zu blockieren“, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums.

          753 Strafverfahren im Zusammenhang mit Protesten

          Nach einem Schreiben des Sicherheitsbeauftragten des Bundestags geben die angemeldeten Versammlungen Anlass zur Sorge, „dass der Parlamentsbetrieb beeinträchtigt wird, weil sowohl mit Angriffen auf die Gebäude des Deutschen Bundestags als auch auf Personen“ zu rechnen sei. Das gehe aus einer Gefährdungseinschätzung des Berliner Landeskriminalamtes hervor. Im Internet war unter anderem dazu aufgerufen worden, den Reichstag zu stürmen. Ende August hatten Teilnehmer einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen versucht, über eine Treppe in das Reichstagsgebäude einzudringen. Zudem kämen gesundheitliche Gefährdungen für Abgeordnete und Bundestagsmitarbeiter hinzu, da mit Verstößen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen zu rechnen sei.

          Die Berliner Polizei hat in den vergangenen Monaten 753 Strafverfahren im Zusammenhang mit Protesten gegen die Corona-Maßnahmen registriert. Das hat die Ermittlungsgruppe „Quer“, die am 20. Mai beim polizeilichen Staatsschutz des Landeskriminalamtes Berlin eingerichtet wurde, festgestellt. Dazu gehören 197 Fälle von Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, 97 tätliche Angriffe auf Polizisten und Polizistinnen, 90 Beleidigungen, 34 Fälle von Landfriedensbruch und 170 Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz, wie die „Berliner Morgenpost“ berichtete. Nach Angaben von Innensenator Andreas Geisel (SPD) im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses stellt die Polizei zunehmend Straftaten bei solchen Versammlungen fest. Bei vielen Versammlungen seien Personen aus dem Reichsbürger-Spektrum und der rechtsextremistischen Szene beteiligt. Polizei und Verfassungsschutz hätten diese Personengruppen im Blick, „insbesondere hinsichtlich möglicher Verbindungen“ zu den „Querdenkern“, sagte Geisel. In Berlin seien bis zum Jahresende 106 weitere Versammlungen mit Corona-Bezug angemeldet.

          Eine für Mittwoch geplante Kundgebung vor dem Reichstagsgebäude wurde am Dienstag nach Polizeiangaben allerdings abgesagt. Dabei geht es um die Veranstaltung „Stoppt das Infektionsschutzgesetz“. Erwartet wurden dort 500 Teilnehmer, das „Netzwerk Impfentscheid Deutschland“ hatte sie angemeldet. Anscheinend hatten die Veranstalter Furcht vor Ausschreitungen durch Extremisten.

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