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Steinmeier zu „Corona-Diktatur“ : „Das ist bösartiger Unfug!“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch im Gespräch mit Wissenschaftlern und Bürgern über das Für und Wider einer Impfpflicht Bild: EPA

Was spricht für, was gegen eine Impfpflicht? Frank-Walter Steinmeier hat Bürger und Wissenschaftler zum Gespräch eingeladen. Einigen fällt es schwer, den Bundespräsidenten ausreden zu lassen.

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          Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat zum Thema Impfungen Wissenschaftler und Bürger zu einer kontroversen Gesprächsrunde ins Schloss Bellevue eingeladen. Steinmeier sagte zu Beginn der zweistündigen, teilweise virtuellen Diskussion am Mittwoch: „Was spricht dafür, was spricht dagegen? Darüber wollen wir heute Vormittag miteinander diskutieren und gerne auch respektvoll streiten.“

          Peter Carstens
          Politischer Korrespondent in Berlin

          Er stellte klar, er werde sich selbst nicht zum Ja oder Nein einer allgemeinen Impfpflicht positionieren. „Das gebietet schon der Respekt vor dem politischen Prozess, der in den kommenden Wochen zur parlamentarischen Entscheidung über ein Gesetz führen soll.“ In der Diskussion zeigten sich alsbald große Meinungsverschiedenheiten über die Wirkung der Impfungen und die Frage, wie es gelingen könnte, die Pandemie zu besiegen.

          „Darin steckt eine Beleidigung von uns allen“

          Zwei der sieben Gäste führten ausführlich Argumente zu Risiken der bisherigen Impfungen auf und wandten sich vehement gegen eine Impfpflicht. Im hitziger werdenden Verlauf der Diskussion fiel es einigen Diskutanten schwer, den Bundespräsidenten jeweils ausreden zu lassen.

          Steinmeier nahm die Argumente der beiden Skeptiker in der Runde auf, stellte aber vorab klar: „Es gibt Menschen, die sagen: Wir haben in Deutschland eine ‚Corona-Diktatur‘. Das ist bösartiger Unfug! Denn darin steckt nicht nur Verachtung für unsere demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen. Sondern darin steckt eine Beleidigung von uns allen! Wir kämpfen uns Monat für Monat durch diese Pandemie, aber eben nicht, weil wir mit eiserner Hand gelenkt und gesteuert werden, sondern weil die große Mehrheit immer wieder darum ringt, das Richtige zu tun, verantwortlich zu handeln, solidarisch zu sein.“ Die Diskussion verlief aber durchgängig ruhig und sachbezogen.

          Der Berliner Wissenschaftler Kai Nagel berichtete, dass die so genannte Delta-Welle regional erheblich unterschiedlich gewütet hat. So sei in Sachsen, einem Bundesland mit niedriger Impfquote, die Zahl der Todesfälle pro 100­.000 Einwohner etwa zehnmal so hoch gewesen, wie in Nordrhein-Westfalen, wo es eine deutlich höhere Impfquote gab. Aus seiner Sicht hat die geringe Bereitschaft, sich impfen zu lassen, also zu einer sehr viel höheren Zahl schwerer und dann auch tödlicher Verläufe der Erkrankung geführt.

          Die Gesundheitsforscherin Cornelia Betsch berichtete, dass ein sehr hoher Prozentsatz der Nicht-Geimpften die feste Absicht habe, an dieser Haltung festzuhalten. Bei den allermeisten dieser Menschen sei es aber vor allem Angst um die eigene körperliche Unversehrtheit, die zu diesem Entschluss geführt habe. Betsch beschrieb diese Furcht als Ergebnis oft einseitiger Informationsgewinnung aus fragwürdigen Quellen.

          Der Bundespräsident hatte zudem einen Berliner Lehrer eingeladen, eine Krankenschwester der Kölner Uniklinik und die Chefin eines Seniorenpflegezentrums. Alle berichteten davon, dass in ihren Einrichtungen inzwischen fast alle geimpft seien. Die Leiterin der Senioreneinrichtung, Sigrid Chongo, berichtete, man habe sich „sehr auf die Impfungen gefreut, alle waren sehr glücklich darüber.“ Man habe im vergangenen Jahr daraufhin sehr wenige Probleme mit Erkrankungen gehabt. Die Pflege als Beruf werde nach ihrem Eindruck nicht wegen der Impfpflicht verlassen, sondern wegen der enormen Belastungen im Alltag.

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